Ein Streifzug durch die Geschichte

Christa Hoffmann bietet im Wechsel mit Andrea Gellert Führungen durch die historische Altstadt Wülfraths an.

Foto: Matzerath

Wülfrath. Der (geplant) eineinhalbstündige Rundgang startet vor der Filialdirektion der Kreissparkasse. Hier steht eine von vier Bronzefiguren, die besondere Ereignisse und Personen aus der Stadtgeschichte darstellen. Vor der Sparkasse steht eine abgeschwächte Version des Stadtwappens, in der der Hirte den bösen Wolf mit einer Armbewegung abwehrt, statt ihm die Lanze in den Rachen zu stoßen.

Foto: Stephan Köhlen

Am Krappsteich beginnt die Geschichte der Stadt, und sie war zeitweise tragisch. Denn bevor es das erste Schwimmbad im Wülfrath gab, ertranken immer wieder Menschen beim Baden in den aufgestauten Gewässern. 1910 beschloss der Gemeinderat, ein Freibad neben dem Krappsteich zu bauen. Bis 1986 lernten ganze Generationen von Wülrath dort das Schwimmen. Kurios: Die urspünglichen Wannenbäder des Freibades wurden zunächst mit der Abwärme der Kornbrennerei Krapp beheizt.

Doch die Geschichte reicht noch weiter zurück. Im 11. Jahrhundert, so die Legende, wurde ein Mann aus seiner Siedlung an der Angermündung verstoßen. Der Vogelfreie — man nannte solche Menschen damals „Wölfe“ — folgte dem Verlauf der Anger bis zu dem Quellgebiet. Dies sei ein guter Ort, um sich niederzulassen und ein neues Leben zu beginnen, befand er mit Blick auf die Umgebung. Der „Mann namens Wolf“ begann daraufhin, das bewaldete Areal zu roden — so entstand der Name „Wolverothe“, auf den der heutige Name „Wülfrath“ zurückgeht.

Es war ein sumpfiges Gebiet, das mithilfe von Deichen bewohnbar gemacht wurde. Bereits um das Jahr 1000 herum entstand auf dem Kalksteinhügel oberhalb der Angerquellen eine erste kleine christliche Kirche. Als auf deren Grundmauern im 12. Jahrhundert mit dem Bau der heutigen Stadtkirche begonnen wurde, siedelten sich mehr und mehr Menschen rundherum an.

Zunächst gab es keine Stadtmauer, sondern eine undurchdringliche Weißdornhecke, auf die der Name der Hackestraße zurückgeht. Die meisten Menschen konnten damals nicht lesen, weshalb die Häuser umschreibende Namen erhielten wie „Auf der Mauer“, „Auf dem Friedhof“, „Kleiner Klaus“ oder „Die Glocke“. Nach dem zweiten großen Brand im Jahr 1578 wurden die Fachwerkhäuser mit Schiefer- und Ziegeldächern wieder aufgebaut.

Der Herzog von Berg genehmigte vier zinsfreie Märkte im Jahr, damit die Wülfrather Geld für den Wiederaufbau des Ortes verdienen konnten. Als der Wohnraum dennoch knapp wurde, wurden die Gassen überbaut und so die Häuser im ersten und zweiten Geschoss miteinander verbunden. Von diesen Durchgängen, den „Loevs“, existiert heute nur noch einer.

Die Stadtkirche, die noch bis zum Herbst wegen Renovierung geschlossen ist, war nie nur Gotteshaus. Sie war auch Zufluchtsort bei weltlichen Bedrohungen, Kornspeicher und Schulgebäude.

Im bäuerlichen Wülfrath, wo es allenfalls einige Webereien als Heimbetriebe gab, begann die Industrialisierung 1850 mit der Dampfweberei Herminghaus. Die heutige Prägung durch den Kalkabbau geht auf das Jahr 1903 zurück, mit der Gründung der Rheinischen Kalksteinwerke Wülfrath. Als die ersten katholischen Gastarbeiter aus Polen und Norditalien kamen, fanden sie sich in der evangelischen Diaspora wieder. So wurde eine neue Katholische Kirche gebaut.