„Euphorie bröckelt etwas“

Das DRK wehrt sich gegen die Reinigungsvorwürfe und berichtet von gesunkenen Helferzahlen.

Foto: Janicki???

Wülfrath. 150 Waschgänge braucht es, um die Bettdecken und Kopfkissen der Notunterkunft an der Kastanienallee einmal zu reinigen. Sechs Maschinen liefen daher am Montag wieder in Dauerrotation, denn die derzeit 98 Bewohner waren zur Registrierung in Köln und machen jetzt langsam wieder Platz für die Nächsten. Die Zeit der leeren Sporthalle nutzte das Rote Kreuz, um die Presse erstmals nach Eröffnung der Notunterkunft durch die Unterkunft zu führen und einen Einblick in den Betriebsalltag zu gewähren.

Die Abtrenngitter mit grünem Überzug haben die Sporthalle in ein Labyrinth aus Gassen und Räumen verwandelt. Geschlafen wird in den Sackgassen. Dort stehen ein- und zweistöckige Feldbetten mit blauen abwaschbaren Matratzen, die farblich zu den Feldmarkierungen auf dem Boden passen. Sie erinnern daran, dass diese Halle eigentlich für Spiel und Sport ausgelegt ist.

Christopher Tackenberg, Leiter der Unterkunft, über die Reinigungsaktion der Ehrenamtler

Jetzt wird dort geschlafen, irgendwie auch gewohnt. Manche Flüchtlinge hängen sich ein Laken vor ihr Gitterheim und haben somit so etwas wie einen privaten Rückzugsraum. Das Problem ist nur: Die grünen Abdeckungen der „Wände“ sind durchsichtig. Jeder dieser Menschen sitzt in einem Glaskasten.

Das DRK hat nicht nur zu einer Führung eingeladen, die Helfer wollen auch mit einem Vorwurf aufräumen, der in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses von einem sachkundigen Bürger der FDP gemacht wurde: Nämlich, dass in der Notunterkunft die Ehrenamtler anstelle von Profis zum Reinigen abgestellt wurden.

DRK-Ortsvorsitzender Wolfgang Peetz sagt: „Keiner MUSS hier irgendetwas machen. Ich verstehe aber nicht, warum ich mich hinterher beschwere, wenn ich etwas mache.“ Auch Christopher Tackenberg, jetzt hauptamtlicher Leiter der Einrichtung (siehe Kasten), ist über den Unmut überrascht: „Beschwert hat sich bei mir keiner.“

Das DRK wehrt sich zudem gegen die Vermutung, dass in der Unterkunft keine Profis reinigen. Tackenberg: „Es gibt hier ein Reinigungsunternehmen, das auch für die Schule schon die Halle gesäubert hat. Jetzt kommen sie nur öfters.“ In den abgeteilten Bereichen reinigt jedoch jeder Bewohner selbst — bis zum Auszug. In dieser Situation haben wegen der Masse an Arbeit auch die Helfer aus der Bürgerschaft mitangepackt und die Boxen desinfiziert. Peetz: „Das haben die Ehrenamtler unter Anleitung gemacht, die Rettungsleute sind darin ja ausgebildet.“ Tackenberg glaubt am Ende an ein Kommunikationsproblem, daran wolle er arbeiten.

Wird die Stimmung schlechter unter den Helfern? DRK-Vorsitzender Peetz drück es so aus: „Jetzt ist der Alltag eingekehrt und die Euphorie bröckelt etwas.“ Und: Dem ein oder anderen sei klar geworden, dass man in der Flüchtlingsarbeit auch mal mit anpacken muss.

Als die Einrichtung in Betrieb genommen wurde, existierte noch eine Liste mit rund 150 Namen von freiwilligen Helfern. Inzwischen gibt es noch einen festen Stamm von 50 Bürgern und 50 weitere Helfer, die gelegentlich mitarbeiten. Dazu kommen 15 hauptamtliche Kräfte, die in Vollzeit, Teilzeit und als 450-Euro-Kräfte in der Turnhalle mitwirken. Tackenberg: „Wir können weiterhin Unterstützung gebrauchen.“ Jeden Tag benötigt er 14 Leute, um das Treiben rund um die grünen Sichtschutzwände in der Halle am Laufen zu halten: sechs für die Frühschicht, sechs für die Spätschicht und zwei für die Nachtwache.

Von besonderen Vorfällen in der Unterkunft, die für bis zu 150 Flüchtlinge ausgelegt ist, bekommt die Öffentlichkeit — außer, dass Kopfläuse Einzug in die Halle gefunden haben — wenig mit. Das handhabt das DRK in Wülfrath strikter als in den umliegenden Kreisstädten. Leiter Tackenberg weist klar darauf hin, woher der Wind weht: „Das Land hat vorgegeben, dass es keinen Informationsfluss geben soll.“ Und so schließt die Zwischenwelt an der Kastanienallee nach einem kurzen Einblick wieder die Tore.