Velbert/Heiligenhaus Hightech für die Fahrzeugentwicklung

Velbert/Heiligenhaus. · Der Campus Velbert/Heiligenhaus nimmt einen neuen Lenkungsprüfstand in Betrieb.

Der neue Lenkungsprüfstand im Multitechnikum wurde jetzt in Betrieb genommen. Der Prüfstand wiegt rund 20 Tonnen und hat etwa 700 000 Euro gekostet.

Foto: Hochschule Bochum/LUKAS PALIK FOTOGRAFIE

Ein Jahr lang hat es gedauert, jetzt ist das Etappenziel erreicht: Der Lenkungsprüfstand am Campus Velbert/Heiligenhaus (CVH) ist endlich betriebsbereit. Im Oktober 2018 wurde die knapp 20 Tonnen schwere Maschine ins Multitechnikum an der Kettwiger Straße geliefert, aufgebaut und bis jetzt eingerichtet. Für den Campus ein wichtiger Meilenstein: Künftig sollen am Lenkungsprüfstand wichtige Forschungsarbeiten durchgeführt werden und Studierende haben die Möglichkeit, Abschluss- und Projektarbeiten damit anzufertigen.

„Der Lenkungsprüfstand gehört weltweit zum oberen Industriestandard. Wir können damit unterschiedliche Forschungsarbeiten durchführen. Zum einen können wir diese für uns selbst aber auch für Unternehmen nutzen, die mit herkömmlichen Testeinrichtungen viel ungenauer arbeiten oder auch deutlich längere Testzeiten einplanen müssten. Das ist schon etwas sehr Besonderes als kleiner Campus solch eine Maschine zu haben.“, erklärt Professor Markus Lemmen. Er hat sich bereits mit Antritt seiner Professur vor acht Jahren darum bemüht, einen Lenkungsprüfstand nach Heiligenhaus zu holen. Neben der Entscheidung, welches Modell man kauft, musste auch die Finanzierung sichergestellt werden. Die Entscheidung fiel dann 2017 auf einen Prüfstand, der durch die Firma dSpace aus Paderborn gebaut wurde.

„Der jetzige Lenkungsprüfstand hat über 700 000 Euro gekostet und liegt damit im oberen Preissegment“, so Lemmen. Die Hälfte davon wurde durch Landesmittel finanziert, die für die Erstausstattung des neuen Campus-Gebäudes zur Verfügung standen. Die andere Hälfte musste über Hochschulmittel gezahlt werden.

Der Prüfstand bietet zudem eine Chance für Auftragsforschung

Lenkungsprüfstände sind in der Automobilindustrie elementar für die Fahrzeugentwicklung: „Die Lenkung ist ein sehr sicherheitsrelevantes Element im Auto. Man muss genau wissen, wie sich das Lenkverhalten zum Beispiel auf unterschiedlichen Straßenbelägen, bei wechselnden Witterungsverhältnissen oder bei Ausweichmanövern verhält. Es macht also Sinn, die Studierenden schon im Rahmen ihres Studiums mit diesem mechatronischen System vertraut zu machen. Zudem sahen wir die Chance für wichtige Auftragsforschung für die Industrie.“, erklärt der Wissenschaftler. So wurde eine der derzeit modernsten und leistungsstärksten Maschinen am Markt angeschafft, mit der neue und wichtige Testuntersuchungen für die Fahrzeugentwicklung möglich sind.

Der angeschaffte Lenkungsprüfstand kann sowohl hydraulische als auch elektromechanische Messungen durchführen. Viele Firmen haben für beides jeweils eigene Lenkungsprüfstände. Hier sind Messergebnisse nicht immer gut miteinander vergleichbar. „Darüber hinaus verfügt der Lenkungsprüfstand über sehr leistungsfähige Aktoren. Wir haben die Möglichkeit im Test sehr kleine Beladungen von circa 350 Kilogramm bis hin zu sehr großen Belastungen von bis zu zwei Tonnen auf die Lenkung sehr schnell einwirken zu lassen. So können viele Fahrsituationen beispielsweise auf unterschiedlichen Untergründen simuliert und der Effekt auf die Lenkung geprüft werden“, so Professor Lemmen. Hierbei kann das Fahrverhalten dann auch real von einer Person getestet werden: Der Lenkungsprüfstand verfügt über ein manuelles Lenkrad an den sich eine Person setzen kann und so die Fahrzeugsteuerung in Echtzeit miterleben kann. Dies ist erstmalig so weltweit in Heiligenhaus möglich. Zudem können Lenkungsmodelle von aktuellen Fahrzeugmodellen auf den Prüfstand übertragen und anschließend variiert werden. So können Weiterentwicklungen von Fahrzeuglenkungen simuliert werden, ohne sie vorab erst bauen zu müssen. Das spart in der Entwicklung sehr viel Zeit.

Künftig wird die elektro-mechanische Lenkung in Fahrzeugen und ihre Weiterentwicklung weiter an Bedeutung gewinnen: „Der Trend geht ja klar in Richtung autonomes beziehungsweise automatisiertes Fahren“, sagt Lemmen.