Junge Wülfrather: Rückkehr als Option
Nach der Schulzeit verlassen viele Wülfrather die Stadt. Was sind die Gründe? Und was denken sie über ihre Heimatstadt?
Wülfrath. Kaum sind die letzten Abschlusszeugnisse verteilt, stellen sich Abiturienten, Real- und Hauptschüler die Frage, was sie mit ihrer gewonnenen Freiheit machen sollen. Nicht wenige, die in Wülfrath zur Schule gegangen sind, verlassen die Stadt — meist, um auf Universitäten den nächsten Karriereschritt zu machen.
Die WZ hat sich bei „Exil-Wülfrathern“ im Alter von 20 bis 35 Jahren umgehört: nach den Gründen für ihren Umzug, Verbesserungsvorschlägen, und danach, ob sie sich vorstellen können, zurückzukehren.
Lisa Czerwonka (21) ist nach Erfurt gezogen, um ihr Staatswissenschaftsstudium zu beginnen. Das war nur in Thüringen oder in Bayern möglich. Hätte ihre Ausbildung sie zum Beispiel nach Düsseldorf geführt, wäre sie auch in Wülfrath geblieben, sagt die 21-Jährige. „Ich habe mich nicht unwohl gefühlt, und Wülfrath ist meine Heimat — aber wegzuziehen war auch nicht so schlimm“, sagt sie.
Als Kind sei es gut gewesen, hier zu wohnen. „Man ist schnell bei Freunden oder in umliegenden Städten. Und die Angebote, wie vom Jugendhaus oder in den Gemeinden, stimmen. Man muss sie halt nutzen“, sagt sie: „Für Kinder ist Wülfrath eine schöne Stadt.“ Das sei ein Vorteil gegenüber der Großstadt. Zurückkehren würde sie dennoch eher nicht. „Abends ausgehen — da ist das Angebot woanders schon besser“, sagt Lisa Czerwonka.
Marina Engler (24) hat bereits in mehreren Städten gelebt. Nach ihrem Abitur 2007 am Gymnasium hat sie Fachjournalistik in Bremen studiert und in Göttingen gearbeitet. Momentan absolviert sie ein Volontariat in Berlin. „Es ist für ein paar Jahre ganz schön, in einer Großstadt zu leben. Aber später möchte ich gerne zurück in eine Kleinstadt ziehen. Wülfrath ist eine Option“, sagt Engler, die regelmäßig „nach Hause“ fährt, wie sie sagt — und damit Wülfrath meint.
„In großen Städten passiert zwar mehr, aber es ist dort auch sehr anonym. In Wülfrath kennt man auf der Straße immer jemanden“, sagt die 24-Jährige. Durch den engen Kontakt zu ihrer Familie ist sie bei jüngsten Entwicklungen auf dem Laufenden. Dennoch: „Ich war geschockt, als ich die abgerissene Stadthalle und das Rathaus gesehen habe.“ Geschäfte sind ihr weniger wichtig — „lieber ein schönes Waldstück“. Davon gebe es in Wülfrath immer noch genug.
Malte Wagner (31) ist über Wuppertal, Kopenhagen und Stuttgart in Hamburg gelandet. Der Diplom-Sozialwissenschaftler arbeitet dort in einer Agentur. Für ihn war immer klar, dass er Wülfrath nach dem Abitur im Jahr 2000 verlassen möchte. Der erste Job sollte in einer Großstadt sein. „Ich kann mir vorstellen, auch noch in 20 oder 30 Jahren in einer größeren Stadt zu leben“, sagt er. Die Rückkehr ins Umland käme für ihn dann erst aus familiären Gründen in Frage.
Ein Problem in Wülfrath sei die Infrastruktur. „Ich habe schon kleinere Städte mit zentralem Bahnhof gesehen. In Wülfrath ist man als junger Mensch eigentlich immer auf ein Auto angewiesen“, sagt Wagner, der seine Heimat gut fünfmal im Jahr besucht. Und: „Es ist schon gut, auch um 22 Uhr noch Menschen auf der Straße zu sehen.“ Die Kultur und Szene könnten von Seiten der Stadt aber nur gefördert, nicht forciert werden, sagt er.