Letzter Tanz in der Stadthalle
Mehr als zehn Jahre lang hat das Tanzsportzentrum in Neviges trainiert. Nun wird das marode Gebäude für immer geschlossen.
Neviges. Der Eingangsbereich der Stadthalle liegt im Dunkeln, die Garderobe im Hintergrund und der Treppenraum lassen sich im Schein der Straßenlaternen, deren Licht schwach durch die Fenster dringt, nur erahnen. Es müffelt nach Keller, wohl die Folge der Feuchtigkeit, die unablässig aus dem rückwärtigen Hang ins Mauerwerk zieht.
Etwas heller ist das Foyer eine Etage höher, weil die Türen des Saales offen stehen. Auf dem Parkett vor dem schwarzen Feuerschutzvorhang der Bühne machen die acht Paare der A-Latein-Formation Lockerungs- und Aufwärmübungen — wobei das Aufwärmen in der klammen Luft wörtlich zu nehmen ist.
Ein letztes Mal haben sich am Donnerstagabend die jungen Damen und Herren des Tanzsportzentrums (TSZ) Velbert zum Training eingefunden. Nur zum Ausräumen kehren sie nächste Woche noch einmal zurück, dann schließt die Stadthalle endgültig ihre Pforten.
„Das Licht vor dem Saal ist seit zwei Wochen defekt“, sagt Trainerin Astrid Kallrath, doch so kurz vor der Schließung spielt das keine Rolle mehr.
Mehr als zehn Jahre lang war die Stadthalle Heimat für das TSZ, auch die B-Mannschaft und Einzelpaare — zurzeit sechs — haben dort regelmäßig trainiert; drei bis sechsmal pro Woche, drei Stunden an den Abenden, an Wochenenden vor den Meisterschaften auch viel länger: „Es war oft sehr kalt und zugig“, erinnert sich Kristina Kratz. Eine Umkleide gibt es nicht, Tische und Stühle unter der Galerie fungieren als Kleiderablage. Die 28-Jährige ist seit zehn Jahren im Team, freut sich jetzt vor allem auf Heizung und Duschen im neuen Sportzentrum: „Hier gibt es nur kaltes Wasser.“ Ein bisschen traurig sei die Schließung aber schon, sagt die Tönisheiderin.
Sebastian Ahr — er tanzt seit neun Jahren in der Formation — pflichtet ihr, trotz aller Unzulänglichkeiten der Stadthalle, bei: „Sie hat ihren eigenen, ganz speziellen Charme und war immer ein schöner Rahmen für Veranstaltungen.“ Den 36-Jährigen hat ebenfalls vor allem die Kälte gestört, und auch jetzt ist es nicht sonderlich warm, obwohl die Heizkörper heiß sind: „Eine Erkältung pro Saison war immer drin“, sagt Kallrath lakonisch. Geschätzt haben sie und ihre Co-Trainer allerdings die umlaufende Tribüne — die optimale Perspektive, um das exakte Zusammenspiel der Formation im Blick zu behalten.
Die Paare nehmen wieder Aufstellung — zwei Stunden hartes Training liegen noch vor ihnen. Wenn sie das Feld in den nächsten Tagen geräumt haben, werden umgehend die Versorgungsleitungen getrennt, Fenster und Türen zusätzlich gegen Eindringen gesichert: „Die Halle soll möglichst keine Kosten mehr verursachen“, sagt Andreas Sauerwein. Der Leiter des städtischen Immobilienservices strebt einen schnellen Abriss an. Die weitere Verwendung der Fläche sei Bestandteil eines Gesamtkonzeptes für das Quartier, das in absehbarer Zeit vorliegen soll. Sauerwein: „Ziel ist, dass wir zum Jahreswechsel wissen, was wir wollen.“