Narren zaubern Farbe auf die Straße
Das Wetter war trüb und grau, doch die Jecken ließen sich dadurch die Stimmung beim Zug auf Tönisheide nicht vermiesen.
Tönisheide. Obwohl es gestern Mittag trocken, mild und fast windstill war, kamen weniger Narren als im Vorjahr zum Tönisheider Karnevalszug. „Es waren schon mal mehr“, stellte Polizist Joachim Stotko fest. Er und seine Kollegen brauchten nicht großartig tätig werden, beim Tönisheider Zug geht es familiär zu. Erstes Fahrzeug ist immer ein Bollerwagen mit einem Fässchen Bier, der an die Anfänge von 1972 erinnert. Die KG Zylinderköpp, die sich daraufhin gründete, versprechen den Tönisheidern mit dem Motto „Vier mal elf Jahre - der letzte Zug ist noch nicht abgefahren“ weiterhin viel Frohsinn.
Der Festwagen am Ende des närrischen Lindwurms wurde von einer Dampflokomotive gezogen — freilich ein Nachbau auf einem LKW. Davor schickten die Zylinderköpfe den „Höllenzug“ auf die Reise, der teuflisch laute Musik machte, begleitet von dämonischem Personal.
Zwischen diesen beiden Zugnummern ging es bunt zu. „Wir sind das Herz von Tönisheide“ stellten die Dritt- und Viertkläßler der Gemeinschaftsgrundschule fest. Mit Hilfe des Fördervereins wurde 580 Luftballons in allen Farben aufgeblasen — ein echter Hingucker bei dem trüben Winterhimmel. Zum Ende des Zuges wurden die prall gefüllten Heliumhüllen verteilt, sehr zur Freude der Kleinsten. „Einer für alle — alle für einen“ so das Motto des Bürgervereins, der noch auf dem Neujahrsempfang Leute suchte, die als Musketiere den Karnevalswagen besetzen. „Hat doch prima geklappt“, freut sich Vorsitzende Monika Hülsiepen.
Großes Staunen erntete der Radsportverein Velbert 1926. Die Sportler schaukelten in Sitzschalen über die Straßen, wie man sie von rasanten Fahrgeschäften auf der Kirmes her kennt.
Witzig und originell sind immer wieder die Figuren der KG Urgemütlich. Die Kinder- und Jugendgarde des niederbergischen Traditionsvereins frohlockte: „Es tanzt ein jeder Jeck, endlich ist der Schandfleck weg!“ Ein überdimensionaler Narr tritt mit voller Wucht in das alte, gammelnde Marktzentrum, in der Hand hat er die neue Stadtgalerie.
Von der Ladefläche eines Sattelschleppers schickte die Schulinitiative Velbert zum Erhalt des Schulstandortes Neviges/Tönisheide viele süße und närrische Grüße ans umstehende Volk. „Wir machen HKS 2.0, also HKS reloaded als Privatschule“, erklärt Initiativchefin Sandra Böhm.
Wie eine echte Prinzessin fühlte sich gestern Lucy, die mit ihren Eltern zum Zug kam und sich über die zahlreichen Süßigkeiten freute, die zunehmend ihren kleinen Beutel füllten. Sie war sprachlos, nur ein „Toll!“ kam über ihre zart geschminkten Lippen.
Schlumpfine Marika war da schon ein bisschen gesprächiger: „Ich finde Karneval toll, weil man da so viele Süßigkeiten sammeln kann.“
Für kleine Mädchen sind Väter Superhelden, als solcher begleitete Alessandro Pitrolo aus Birth seine Piratentochter Alessia zum Zug. Die freute sich nicht nur über die süßen Wurfgeschosse, sondern auch über das Kinderprinzessenpaar. „Die sind bei mir auf der Schule und sie haben für alle getanzt.“