Stadt plant Kita-Gruppen ohne Kita
Bis ein Neubau die Situation entschärft, fehlen weiterhin 50 Plätze. Da alle Einrichtungen bereits überbelegt sind, muss eine neue Lösung her.
Wülfrath. Die Situation bei den Wülfrather Kita-Plätzen verschärft sich. 50 Plätze fehlen inzwischen, weshalb der Stadtrat bereits die Planung einer neuen Einrichtung auf den Weg gebracht hat. Doch bis der neue Kindergarten, der nach bisherigem Stand an der Schulstraße entstehen soll, den Bedarf decken kann, wird noch einige Zeit vergehen. Noch ist nicht einmal der Bau abschließend beschlossen.
Wie geht die Stadt nun übergangsweise mit der Situation um? Bislang behalf man sich provisorisch damit, alle Einrichtungen überzubelegen — doch nun ist jegliche Kapazität erschöpft. Jugendamtsleiterin Bärbel Habermann sagte der WZ: „Jede Gruppe, auch in nicht-städtischen Einrichtungen ist bereits pro Gruppe mit bis zu zwei Kindern überbelegt. Mehr geht nicht.“
Jetzt überlegt die Stadt laut Habermann, ob es möglich ist, sogenannte Kita-Vorlaufgruppen einzurichten. Das sind im Prinzip Kita-Gruppen zu einem Kindergarten, der noch gar nicht steht. Unterkommen müssten die Jungen und Mädchen also vorläufig an einem anderen Ort. Habermann sagt: „In den bestehenden Einrichtungen ist kein Platz mehr, aber vielleicht findet sich etwas in unmittelbarer Umgebung.“ So könnten die Kinder dann übergangsweise die Infrastruktur der benachbarten Kita, wie etwa das Mittagessens-Angebot, mitnutzen.
Des Weiteren sucht Wülfrath händeringend nach neuen Tagesmüttern, denn sie sind ein weiterer Weg, den Bedarf zu decken. Die sieben Tagesmütter im Stadtgebiet sind mit ihren 30 Kindern derzeit voll ausgelastet. Eine achte Tagesmutter springt im Krankheitsfall ein.
Wie groß genau die Warteliste für Eltern ist, die ihre Kinder bei Kitas oder in der Tagespflege unterbringen möchten, ist von der Stadt nicht zu erfahren. Habermann sagt: „Wir versuchen, jedes Kind bedarfsgerecht unterzubringen.“ Sie macht aber auch keinen Hehl daraus, dass das derzeit nicht immer nach Wunsch klappen kann: „Wir kommen an die Grenzen.“ Erst Anfang des Jahres berichtete die WZ über eine junge Mutter, die für ihre zweijährige Tochter kein rechtzeitiges Betreuungsangebot fand und in der Konsequenz eine potenzielle Arbeitsstelle ablehnen musste. Die Stadt rät dazu, sich schon unmittelbar nach der Geburt des Kindes Gedanken zu machen. Das tun immer mehr. Habermann: „Der Trend geht dazu, dass Eltern immer früher wieder arbeiten gehen. Mittlerweile werden bei uns Kinder im Säuglingsalter angemeldet.“
2015 seien noch alle Kinder untergebracht worden, so Sozialdezernentin Michaele Berster. Ob das auch 2016 klappt — ungewiss. Doch der Druck ist groß, denn bekanntlich haben seit dem 1. August 2013 Kinder zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr den Anspruch auf einen Platz in Kita oder Tagespflege, der zur Not auch auf dem Klageweg eingefordert werden kann.
Ein neustes Urteil des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts hat jetzt noch einmal die Rechte der Eltern gestärkt. In Kempen wollte die Stadt die Tagespflege in der Nachbargemeinde nur für ein Jahr anerkennen und die Eltern anschließend verpflichten, das Kind in einem — teuer geschaffenen — U 3-Kita-Platz in Kempen unterkommen zu lassen. Die Eltern klagten, die Richter gaben ihnen Recht.
Eltern dürfen frei wählen, ob sie ihr Kind in einer Kita oder bei einer Tagesmutter betreuen lassen möchten — wenn sie bereits einen Platz gefunden haben. Auch der Ort der Tagespflege darf laut Urteil keine Rolle spielen, ist also auch in der Nachbarstadt möglich. Für Wülfrath könnte das Urteil in einer Situation interessant werden, in der weiterhin zu wenige Tagesmütter-Plätze zur Verfügung stehen, jedoch das Kita-Angebot ausreichend ausgebaut ist. „Noch gab es bei uns keinen strittigen Fall“, sagt Habermann.