Wülfrath Das passiert, wenn der Haushalt platzt

Wülfrath · Rat und Verwaltung wären nur noch Passagiere in ihrer Stadt. Die Lenkung übernähme ein Sparkommissar.

Wülfrath muss nach dem Einbruch bei der Gewerbesteuer buchstäblich jeden Euro herumdrehen.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Ob heute bei der entscheidenden Sitzung des Stadtrates (17 Uhr, Rathaus, großer Sitzungssaal) der Doppelhaushalt verabschiedet wird, ist spätestens nach der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am vergangenen Dienstag keinesfalls sicher. Der Streitpunkt: Die Abgabe des Zeittunnels am 31. Dezember 2020 an den Kreis Mettmann oder eine Touristikgesellschaft. Dem Antrag der Wülfrather Gruppe waren CDU und FDP gefolgt (die WZ berichtete). CDU-intern ist dieser Beschluss nach WZ-Informationen umstritten. Vor allem das relativ kurze Zeitfenster für ein solches Szenario stößt auf Ablehnung. Das könnte vom Kreis als Ultimatum aufgefasst werden. Was passiert aber, wenn sich der Rat nicht auf einen Haushalt einigen kann?

Stadtrat und Verwaltung hätten keine Entscheidungsgewalt

Gerd-Uwe Wolf, Leiter der Kämmerei in Wuppertal, erläutert im Gespräch mit der WZ mögliche Konsequenzen. „Im schlimmsten Fall wird von der Kommunalaufsicht ein Sparkommissar eingesetzt“, sagt er. Das habe zur Folge, dass der Stadtrat keine Entscheidungsgewalt mehr habe. Gleiches gelte für die Stadtverwaltung. Der Sparkommissar würde die Ausgaben auf rein gesetzliche Vorgaben reduzieren. Damit wäre jede Art der freiwilligen Bezuschussung erst einmal unmöglich. Selbst in einem Haushaltssicherungskonzept bleibt für solche Zuwendungen ein gewisser Spielraum, wenn die Kommunalaufsicht mitspielt. „Mir ist nur ein Fall untergekommen, das war 2017 in Haltern am See“, so Gerd-Uwe Wolf. Damals habe der Sparkommissar die Grundsteuer erhöht, um einen gesetzlich vorgeschriebenen Haushalt aufstellen zu können. Ohne Mitspracherecht der Politik. Diese Art des Eingriffs im kommunale Angelegenheiten werde aber nach seinen Informationen möglichst von den Aufsichtsbehörden vermieden. Ein weiteres Problem: Geldhäuser brauchen nach Angaben des Kämmereileiters für Geschäfte mit Kommunen eine entsprechende Haushaltsgenehmigung für die eigenen Akten. „Die Liquiditätsbeschaffung wird schwieriger, wenn ein Haushalt nicht genehmigt ist“, sagt Gerd-Uwe Wolf.

Auch im Rathaus haben sich die Verantwortlichen natürlich bereits mit diesem Szenario befasst: „Ausdrücklich zulässig ist die Fortführung von Bauten, Beschaffungen und sonstigen Investitionsleistungen, sofern im Haushaltsplan des Vorjahres Finanzpositionen oder Verpflichtungsermächtigungen vorgesehen waren“, so die Verwaltung auf Anfrage. Aber: „Wurden für sie im Vorjahr weder Mittel noch Verpflichtungsermächtigungen zur Verfügung gestellt, so könnten die Baumaßnahmen unter der vorläufigen Haushaltsführung nicht begonnen werden. Eingeleitete Planungsmaßnahmen bedeuteten dabei nicht den Beginn von Baumaßnahmen. Baukredite und Zeitverzögerung könne zu Kostensteigerungen führen, so dass der Nothaushalt auch mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden sein könne. Die Verwaltung nennt etwa die bauliche Überarbeitung des Standortes Rettungswache/Baubetriebshof, den Bau des Feuerwehrgerätehauses, die energetische Sanierung der Sporthalle Goethestraße oder auch die vorgesehenen Ausstattungsinvestitionen in den Wülfrather Schulen. Weitere Nachteile wären, dass keine rechtlichen Verpflichtungen eingegangen werden dürften und die Stadt Kreditbeschränkungen unterläge.

Zudem würde ein nicht verabschiedeter Haushalt Sonderratssitzungen mit einer Reihe von Durchführungsbeschlüssen „unter der Prämisse gesetzlicher Maßgaben nach sich ziehen“. Die erste wäre nach WZ-Informationen noch vor Weihnachten. „Verwaltung und Politik sind in der Pflicht und in der gemeinsamen Verantwortung, einen Beschluss über einen ausgeglichenen Haushalt zu fassen, damit wir unsere Aufgaben zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen können und die Erfüllung der städtischen Aufgaben gesichert ist,“ sagt Bürgermeisterin Claudia Panke.

Hinter den Kulissen wird bis zuletzt sowohl von Verwaltung als auch Politik versucht, den Beschluss aus dem Haupt- und Finanzausschuss zum Zeittunnel in eine allgemeinverträglichere Formulierung zu bringen. Das wäre wohl die einzige Lösung, um den drohenden Haushalts-Gau abzuwenden.