Familie lehnt Gedenkstein für toten Luca ab
Im Netz wurde eine Petition gestartet. Doch die Angehörigen des Jungen wie auch die Bürgermeisterin halten das für keine gute Idee.
Dülken. Bald ist es genau ein Jahr her, dass der kleine Luca ermordet wurde. Rolf Z. fällt es immer noch schwer, über die Zeit zu sprechen. „In einer Nacht wurde meine ganze Familie zerstört“, sagt der Großvater. Am 23. Oktober 2016 wurde sein fünfjähriger Enkel von dessen Stiefvater massiv misshandelt und anschließend erwürgt. Rolf Z.’s Tochter war zu dem Zeitpunkt in der Wohnung. Sie wurde vom Gericht zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Lucas Stiefvater muss lebenslänglich ins Gefängnis.
Eine Initiative möchte nun einen Gedenkstein für Luca errichten. Auf einer Internetseite wurde eine Unterschriftenaktion gestartet, um Stimmen für das Vorhaben zu sammeln. Rolf Z. und die Familie des Jungen sind jedoch dagegen und erheben schwere Vorwürfe gegen einige der Initiatoren. „Wir sind von genau diesen Leute massiv angefeindet, beleidigt und bedroht worden“, sagt der Großvater des fünfjährigen Luca. Er könne zwar die Traurigkeit und die Wut der Menschen verstehen, nicht jedoch, warum man der Familie nach dem Verlust des Jungen die Schuld daran gebe.
Sonja D. ist eine der Organisatoren der Online-Petition. Sie wohnt in der Eifel und sei von dem Schicksal von Luca „sehr betroffen“ gewesen. Die 43-Jährige kannte den Großvater des Jungen bereits aus Internet-Gruppen auf Facebook und bestätigt im Gespräch, dass sie die Mitschuld am Tod des fünfjährigen Jungen bei der Familie sucht und dass es „persönliche Differenzen“ gegeben habe. Trotzdem wolle sie sich dafür engagieren, Luca eine Gedenkstätte zu errichten. „Das eine hat ja mit dem anderen nichts zu tun“, sagt sie. Gekannt hat sie Luca nicht. Sie sei von Eltern aus dem Kindergarten von Luca darum gebeten worden, „etwas für die Kinder zu machen“, damit sie einen Platz zum Abschiednehmen hätten.
Daraufhin erbat die 43-Jährige, ohne das Einverständnis der Hinterbliebenen von Luca, bei der Viersener Bürgermeisterin um Zustimmung für ihr Vorhaben. Die Stadt lehnte das jedoch ab. Auf Anfrage bestätigte ein Sprecher der Stadt Viersen die Absage, betonte jedoch auch, dass der Bürgermeisterin „kein förmlicher Antrag auf eine Sondernutzung“ gestellt wurde, sondern lediglich das Vorhaben vorgetragen wurde. Zwar habe die Bürgermeisterin „durchaus Verständnis für den vorgetragenen Wunsch“, jedoch böten in unserem Kulturkreis Friedhöfe oder Grabeskirchen einen Raum der Anteilnahme und des Gedenkens. Der öffentliche Raum sei hingegen dazu weniger geeignet.
Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) sagte außerdem: „Hinzu kommt: Bisher ist eine Abstimmung mit der Familie des getöteten Jungen nicht erfolgt.“ Außerdem sei es zum Teil unmöglich, „eine Gedenkstätte im öffentlichen Raum dauerhaft so zu schützen, dass jederzeit die Würde des Gedenkens gewahrt werden könnte“, heißt es. Nach Ansicht der Stadt „widerspräche es dem Charakter eines Orts des Gedenkens, wenn hier — leider — jederzeit mit Verschmutzungen oder Vandalismus gerechnet werden müsste“, teilte der Stadtsprecher weiter mit.
Auch Lucas Großvater hat die Befürchtung, dass mit einer Gedenkstätte keine Ruhe einkehren würde. Aus Sorge vor Anfeindungen bei der Beerdigung habe man den Jungen nicht einmal in seinem Heimatort beisetzen können, sagt er. Die Beerdigung habe damals unter Polizeischutz stattfinden müssen. „Wenn ich um mein Enkelkind trauern möchte, dann kann ich das überall tun. Da brauche ich keinen Gedenkstein für“, sagt er.
Der Fall des getöteten Jungen berührte viele Menschen. 500 Menschen nahmen im November vergangenen Jahres an einem Gedenkmarsch für den Fünfjährigen teil. Der Weg führte auch vorbei an dem Wohnhaus, in dem Luca starb.