„Einkaufen, wenn Deutschland spielt“

Morgen steht die erste Partie mit deutscher Beteiligung an. Wenige Tage vorher ist in der Kempener Altstadt noch kein richtiges WM-Fieber zu spüren.

Foto: Prümen

Kempen. Die ersten WM-Spiele sind gelaufen, morgen steht die erste Begegnung mit deutscher Beteiligung auf dem Plan. Um 17 Uhr treten Jogis Jungs in Russland gegen Mexiko an. Die Redaktion vor Ort hat sich gestern zur Marktzeit erkundigt, wie die Niederrheiner auf das Sport-Spektakel blicken. Soviel vorab: Echte Begeisterung war kaum zu spüren.

„Wenn Deutschland spielt, gehe ich einkaufen“, sagt Agnes Mellage. „Da ist es schön leer.“ Eine andere Passantin schwärmt von den freien Autobahnen während dieser Spiele. „Ich bin sportlich, aber Fußball interessiert mich nicht.“

Auch Wilhelm Schmitz aus Oedt spürt kein WM-Fieber. „Aber wenn Deutschland spielt, werde ich schon gucken“, fügt er hinzu. Mit ihm ist Wolfgang Müller auf den Kirmes-Ausweich-Markt an der Propsteikirche geradelt. Der Besucher aus Ulm sagt: „Wenn ich Zeit habe, gucke ich, aber ich richte nicht meinen Terminkalender nach den Spielen aus.“

Ein bisschen mehr WM-Leidenschaft verbreitete da schon Hans-Joachim Voigt. Alle Spiele könne man leider nicht schauen. „Aber die Partien mit Deutschland und einige andere sind schon drin.“ Er meint, dass es das deutsche Team auf jeden Fall bis ins Halbfinale schaffen kann. Dann dürfte auch jene Kempenerin vor dem Fernseher sitzen, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will: „Mich interessiert die Weltmeisterschaft ab dem Achtelfinale mit deutscher Beteiligung.“ Sie sei nur „zeitweise Fan“, sagt die Marktbesucherin. „Immer dann, wenn ich mit einer Girlande auf dem Kopp mitfeiern kann.“ Beim sogenannten Sommermärchen 2006 habe sie „Blut geleckt“.

„Wir sind ja gerade erst am Anfang, aber ich verfolge das ohnehin höchstens wenn Deutschland im Halbfinale steht“, sagt Manfred Schmidt. Das Erreichen des Halbfinals traut dem deutschen Team auch ein Befragter aus Geldern zu. Aber auch er gibt an, die WM nur sporadisch zu Hause zu verfolgen und nicht so intensiv wie beispielsweise 2006.

Florian Hirschmann

Woran liegt das? Auf diese Frage antworten viele mit „weil es in Russland ist“. Dass es jedoch auch Gegenbeispiele gibt, zeigt Florian Hirschmann: „Ich verfolge die WM täglich zu Hause oder schaue auch mal ein Spiel in einer Bar“. Hirschmann glaubt nicht, dass die Erdogan-Affäre um Mesut Özil und Ilkay Gündogan großen Einfluss auf die Mannschaft hat. „Ich denke, dass wir trotzdem bis ins Finale kommen. Außerdem sehe ich Brasilien als Favoriten“, verrät der Kempener.

Vor einigen Tagen hatte die WZ bereits bei Vertretern von lokalen Fußballvereinen nachgefragt. Auch dabei ließ sich feststellen, dass sich eine Begeisterung noch nicht so recht eingestellt hatte — wegen der Vereinsarbeit in den vergangenen Tagen und Wochen. „Im Moment bin ich noch nicht im WM-Fieber“, sagte beispielsweise Volker Müllers junior, Geschäftsführer des TuS St. Hubert. Bernd Lommetz, Vorsitzender des SSV Grefrath, war sich im Gespräch sicher, dass das WM-Fieber spätestens mit dem Anpfiff gegen Mexiko einsetzen werde. Ulrich Klering will sich in den kommenden zwei Wochen viele Spiele anschauen. Die Zeit dazu ist vorhanden, der Thomasstadt-Vorsitzende hat Urlaub.