Pflegen und sticken als Gottesdienst
In der Abtei Mariendonk werden auch Kranke betreut. Eine weitere Aufgabe der Schwestern ist die Handarbeit.
Mülhausen. „Ora et labora“, so lautet eine der wesentlichen Regeln des Heiligen Benedikts. Und diese beherzigen die Benediktinerinnen der Abtei Mariendonk in Mülhausen. Sie arbeiten unter anderem in ihrer Verwaltung, in der Küche, der Wäscherei, im Garten, der Gästebetreuung, im Klosterarchiv, im Lädchen und früher sogar in der Landwirtschaft.
Einige der Arbeiten werden für das Kloster und seine Bewohnerinnen erledigt, andere dienen dazu, Geld zu verdienen. In dieser Folge der Serie über die Abtei stellen wir die Infirmarin (Krankenpflegerin), Schwester Felicitas, und die Leiterin der Stickerei, Schwester Petra, vor.
Schwester Felicitas (45) lebt seit 2008 in Mariendonk. Zuvor hat sie im belgischen Wallfahrtsort Banneux am Pilgerempfang gearbeitet. „Der Glaube spielte schon früher eine Rolle bei mir. Aber nach stillen Tagen hier in der Abtei, wurde mir klar: Das ist es.“ Als Novizin sei sie gefragt worden, ob sie in der Krankenpflege arbeiten möchte, da sich dort eine Vakanz aufgetan hatte. Im weltlichen Leben hatte Schwester Felicitas in Münster Sozialpädagogik studiert. Aber sie konnte es sich vorstellen. Und wie es sich später herausstellte, hatte sie auch „ein Händchen dafür“.
Schwester Felicitas absolvierte am Krankenhaus in Lobberich eine einjährige Ausbildung zur Krankenpflegehelferin. „Die dreijährige Ausbildung wäre für meine Bedürfnisse zu speziell gewesen“, sagt sie.
Bei der Arbeitskleidung hat sie sich bis auf den weißen Schleier der Novizin nicht von den anderen Azubis unterschieden. Die ihr zunächst abwartend gegenüber gestanden hätten, doch das Verhältnis sei dann gut gewesen. Bei den Patienten war das etwas anderes. „Es gab welche, die sich gefreut haben, dass endlich wieder eine Nonne im Krankenhaus ist. Schließlich waren dort früher Franziskanerinnen.“ Manche hätten sie auch als gutes Omen für eine Operation gesehen.
Während ihrer Ausbildung hat Schwester Felicitas das Rüstzeug erhalten, das sie für ihre krankenpflegerische Arbeit an ihren Mitschwestern braucht: Wundversorgung sowie Medikamentenverteilung nach Anordnung des Arztes, subkutane Spritzen setzen, Kontrolle über die Hausapotheke sowie darüber zu entscheiden, ob eine Mitschwester zum Arzt muss oder sie ihr mit ihren Mitteln helfen kann.
„Ein Notruf im Gottesdienst kann ein Gottesdienst sein.“ So definiert Schwester Felicitas ihre Arbeit. Dieser Notruf befreit sie dann auch von Gebeten oder gestattet ihr, den Gottesdienst zu verlassen. „Gebet und Meditation kann ich nachholen.“ Neben den üblichen Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Bluthochdruck hat die Schwester aber auch aufgrund der Altersstruktur mit Pflegebedürftigen zu tun.
„Wir sind eine Gemeinschaft bis zum Tod“, sagt sie. Das bedeute, dass jede Mitschwester so lange im Kloster versorgt wird, wie es eben geht. Und dann auch in der Gemeinschaft, ihrem Zuhause, in Frieden sterben kann. „Zweimal am Tag kommt ein Pflegedienst ins Haus, der sieben Schwestern versorgt. Außerdem habe ich Schwestern, die mir helfen. Wir kommen also sehr gut zurecht“, sagt die Benediktinerin.
Die Kranken werden nicht auf einer isolierten Station zusammengefasst, sondern haben ihre Zellen in der Nachbarschaft zu den anderen Schwestern. Das wirke belebend und gehöre genau wie der Tod „zur Normalität des Lebens dazu“.
Schwester Petra (56) kommt aus Aachen, was man auch nach 37 Jahren in Mariendonk noch an ihrer singenden Sprachmelodie erkennt. Sie bezeichnet sich als früher nicht sehr religiös. Aber als sie Mariendonk kennengelernt habe, sei dies ihre „erste große Liebe gewesen. Da habe ich zugeschlagen“. Da war sie 19 Jahre alt und Arzthelferin. Weshalb sie sozusagen nebenberuflich für Schwester Felicitas arbeitet. Doch eigentlich ist sie die Leiterin der klösterlichen Stickerei.
„Ich hatte wenig mit Stickerei zu tun, eher schon mit der Landwirtschaft, Kühen und Garten“, sagt Schwester Petra. Aber als sie gefragt wurde, ob sie in der Stickerei arbeiten wolle, hat sie zugesagt und eine Ausbildung bis zur Meisterin gemacht. „Ich habe zusammen mit Schwester Mirjam die Berufsschule in Kempen besucht“, erinnert sie sich. Doch nach einem Jahr seien sie gebeten worden, doch alleine weiter zu lernen, „da wir das Niveau der Klasse zu stark angehoben haben“, lacht Schwester Petra. „Wir haben dann für uns weiter an den Grundlagen gearbeitet — mit Erfolg.“
Mit insgesamt fünf Mitarbeiterinnen fertigt die Ordensfrau im Kloster vor allem Messgewänder, Altardecken und Fahnen für Schützenvereine. Alles schweigend, gemäß dem Klosterbrauch, dass während der Arbeit nur das Notwendigste gesprochen wird. Schwester Judith: „Sie können bei uns eine Stecknadel fallen hören.“
Fast alles sind Auftragsarbeiten, für die manchmal Vorgaben geliefert werden, oft aber nur Vorstellungen, denen die Schwester mit Nadel und Fäden eine Gestalt gibt. „Das Kreative und der Dialog mit dem Kunden, das finde ich klasse“, sagt sie begeistert.
Natürlich gibt es vor allem bei Priestergewändern Vorgaben beziehungsweise Eckpunkte: An Werktagen ist das Gewand — der Stoff kommt aus der Kloster-Weberei — in der Regel grün, an Festtagen weiß, bei Märtyrerfesten rot, bei Beerdigungen schwarz, im Advent und während der Fastenzeit violett. Demnach muss die Stickerei auf dem Gewand „in Harmonie mit dem Grundstoff sein“.
Wenn beispielsweise ein Priester kommt und einen Psalm als Grundlage für die Stickerei auf seinem neuen Gewand haben möchte, dann lässt sich Schwester Petra etwas einfallen.
„Kreative Ideen habe ich oft im Gottesdienst. Es entwickeln sich Bilder im Kopf, wenn ich bestimmte Dinge höre. Anregungen erhalten ich durch unsere Liturgie.“ Aber auch beim Blättern in Kunstbänden kommen ihr Ideen, sagt die 56-Jährige.