So funktioniert die Feuerwehr in Grefrath „Unser wichtigstes Thema ist Kameradschaft“
Grefrath · Ganz aktuell ist die Freiwillige Feuerwehr Grefrath bei Sturm und Orkan in Bereitschaft, um schnell Hilfe leisten zu können. Wehrführer Hans-Konrad Funken erklärt, wie die Feuerwehr im Alarmfall funktioniert.
(ure) Schnell die 112 wählen – da quillt Rauch aus den Fenstern des ersten Stocks. Flammen sind auf den ersten Blick nicht zu erkennen, ob Menschen in Gefahr sind, auch nicht. Die Disposition in der Viersener Leitstelle zögert nicht einen einzigen Augenblick: Wohnungsbrand. Alarm. Vollalarm. Piepser bei den Feuerwehrleuten. Alles stehen und liegen lassen. Sirene. Grefraths Wehrführer Heinz-Konrad Funken nennt dieses Ereignis einen „kritischen Wohnungsbrand“. Das Gleiche gilt bei einem Unfall. Sind Menschen eingeklemmt: Funkmeldeempfänger und Sirene. „Wir haben schon mehrere böse Anrufe bekommen. Man hat sich aufgeregt, dass mitten in der Nacht die Sirene geht oder das Martinshorn ertönt“, sagt Funken, der für diese Beschwerden kein Verständnis hat: „Jeder, der nachts die Sirene hört, sollte froh sein, dass er nicht betroffen ist.“
Futter für diese Nörgeler sei natürlich, wenn sich herausstelle, dass sich der vermeintliche Wohnungsbrand in Harmlosigkeit auflöst. Zehn Fahrzeuge und 50 Feuerwehrkräfte für einen qualmenden Kochtopf: „In der Konsequenz fahren wir lieber für diesen qualmenden Kochtopf raus als für ein Haus in Vollbrand“, sagt Funken. Heißt: Gut, wenn nichts Schlimmes passiert.
Außerdem komme hinzu, dass die Disposition entscheiden muss, ob der Anrufer „aus der Mücke einen Elefanten“ macht oder eine ernsthafte Gefahr nicht angemessen einschätzt. Die Leitstelle muss den Grad der Eskalation erkennen und geht dabei grundsätzlich auf Nummer sicher. Besonders in heißen Sommern, wenn die Waldbrand- oder Vegetationsbrandgefahr hoch ist, reagiere die Leitstelle sehr empfindlich. Da will jemand sein Unkraut wegflammen, plötzlich brennt die Hecke, direkt daneben steht ein Haus, womöglich noch mit offenen Fenstern, „dann kann das sehr gefährlich werden.“
Aber der eingangs geschilderte Fall sei kein Fehlalarm. Wenn ein Rauchmelder einer Brandmeldeanlage Laut gibt, auch wenn weit und breit weder Feuer noch Rauch in Sicht ist, rückt die Feuerwehr aus. Nachsehen, prüfen, wieder abrücken. Nochmals: Gut, wenn nichts Schlimmes passiert. Brandmeldeanlagen meldeten schon mal Fehlalarme. „Wenn Frost abgeht, gehen oft Sprinkler kaputt. Sie platzen, der Druck fällt ab, Alarm wird ausgelöst. Der klassische Fehlalarm“, erklärt Funken. Eine böswillige Alarmierung, wer also nur aus „Spaß“ die Feuerwehr ruft, habe man in den vergangenen Jahren so gut wie gar nicht registriert, erklärt Funken.
Im Idealfall soll die Feuerwehr innerhalb von 13 Minuten am Einsatzort sein. Diese Uhr beginnt zu ticken, wenn der Brand entsteht. Es vergeht Zeit, bis der Brand erkannt wird. Bis er gemeldet wird, bis der Piepser losgeht. Durchschnittlich sind jetzt schon fünf Minuten vergangen. Bleiben acht Minuten. Die hauptamtliche Feuerwehr kann sofort ausrücken. „Bei der freiwilligen Feuerwehr ist das anders“, sagt Funken, „wir gehen schließlich alle einem Beruf nach. Und die jeweiligen Arbeitgeber müssen auch mitspielen.“ Man müsse das Dreifache von dem alarmieren, was letztendlich am Einsatzort benötigt wird. Bekannt ist bei jedem Einsatz, für welches Szenario welches Material benötigt wird. Ab zum Einsatzort.
„Unser wichtigstes Thema ist die Kameradschaft“, sagt Heinz-Konrad Funken. Natürlich spiele auch der Idealismus eine Rolle: „Wir wollen alle helfen. Immer.“ Man rette auch ein Pferd aus dem Swimmingpool, mal Tiere auf dem Dach. Doch grundsätzlich hilft die Feuerwehr bei Feuer, Unfällen, Unwetter, wenn Gefahr droht, wenn Menschen sich nicht selbst retten können. „Es gibt nur zwei Dinge, die bei der Feuerwehr freiwillig sind: Ein- und Austritt“, sagt Funken. Dazwischen bleibt der Schierstoff Kameradschaft: Es verstehe sich von selbst, dass Hilfeleistung am besten funktioniert, wenn man sich vertraut und alle Abläufe perfekt aufeinander abgestimmt sind.
Die Grefrather FDP hatte jüngst den Antrag gestellt, den Feuerwehrmännern und -frauen eine Rente zu zahlen. Damit sollte einerseits die Wertschätzung der Feuerwehr ausgedrückt werden. Schließlich riskierten die Männer und Frauen bei der Ausübung ihres Ehrenamts unter Umständen sogar ihr Leben. Andererseits sollte so ein Anreiz geschaffen werden, den Nachwuchs für dieses Ehrenamt zu begeistern. „Der Bürgermeister und ich haben das prüfen lassen und sind zu dem Schluss gekommen, dass dies aus Gründen der hohen Kosten und der nicht händelbaren inneren Gerechtigkeit insgesamt nicht realisierbar ist“, erklärt Funken. Schließlich einigte sich die Politik auf eine jährliche Zahlung von 5000 Euro an die Feuerwehr, um Veranstaltungen wie beispielsweise die Jahreshauptversammlung finanziell zu unterstützen.
Träger der Freiwilligen Feuerwehr ist die Gemeinde. In Grefrath gibt es zwei Löschzüge, einen in Grefrath, einen in Oedt. Den Grefrathern ist die Löschgruppe Vinkrath zugeordnet, den Oedtern die Löschgruppe Mülhausen. Insgesamt sind in Grefrath 130 aktive Feuerwehrmänner und -frauen ehrenamtlich tätig. Dazu kommen die Jugendfeuerwehr mit aktuell 23 Mitgliedern und ein Feuerwehr-Trommlercorps. Eine Besonderheit: Ein Mülhausen steht ein Kleineinsatzfahrzeug (KEF). Es wird im gesamten Kreis Viersen eingesetzt, wenn auf Gewässern beispielweise Öl abgefangen muss. Bei Bedarf rückt in diesen Fällen die Löschgruppe Mülhausen aus. Über den Wehren in den Kommunen steht Kreisbrandmeister Rainer Höckels mit seinen beiden Stellvertretern Franz-Heiner Jansen (Kempen) und Thomas Metzer (Willich). Über allen Kreisbrandmeistern ist der Bezirksbrandmeister organisiert. Derzeit hat Mirko Braunheim (Kreis Mettmann) dieses Amt inne, sein Stellvertreter ist der erwähnte Rainer Höckels. Die Bezirksregierung ernennt – nach Anhörung der Kreisbrandmeister – einen Bezirksbrandmeister und eine Stellvertretung zur Unterstützung der Bezirksregierung bei der Aufsicht über die 56 Freiwilligen Feuerwehren für eine Amtszeit von sechs Jahren als Ehrenbeamte auf Zeit.
Noch eine Kuriosität: Stefan Schumeckers war vor seiner Wahl zum Grefrather Bürgermeister Stellvertreter von Heinz-Konrad Funken. Nach der Wahl wurde er damit auch Vorgesetzter von Funken. Stellvertretender Wehrführer und gleichzeitig Chef des Wehrführers? „Das funktioniert, weil wir uns sehr, sehr gut verstehen, deshalb haben wir dieses Konstrukt beibehalten“, erklärt Funken.