Serie: Bunte Haut Tattoos: Den Schmerz gibt’s gratis dazu

Verzierte Haut ist salonfähig — gut für Nadel-Profis wie Simon van Wickeren. Der Kempener betreibt seit Oktober ein eigenes Studio in der Altstadt.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Die Frage, wie viele Tätowierungen er inzwischen selbst hat, kann Simon van Wickeren nicht sofort beantworten. „Da muss ich erst nachzählen“, sagt er und geht in Gedanken die einzelnen Körperteile durch. „Es sind zwölf“, sagt er nach einer Weile. Für einen Tätowierer wie ihn sei das keine hohe Zahl.

Da der 29-Jährige weder an den Händen noch an Hals oder gar Kopf dauerhafte Verzierungen vorweisen kann, ist seine Vorliebe — zumindest in Falle von langen Hemden und Hosen — nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Trägt er T-Shirt, ist unter anderem eine Geige auf dem rechten Oberarm („Ich mag klassische Musik“) zu sehen.

In seinem früheren Berufsleben war der gebürtige Kempener als Art Director in verschiedenen großen Werbeagenturen tätig, lebte unter anderem im kanadischen Vancouver. Dort lernte er nebenbei den Umgang mit der Nadel — und das von der Pike auf. „Es gibt keine offizielle Ausbildung, ich habe als Praktikant angefangen und den Profis über die Schulter geschaut.“ Irgendwann durfte er die ersten kleineren Sachen selbst stechen. „Versuchskaninchen findet man immer“, sagt van Wickeren und lächelt. Seit Oktober 2014 betreibt er sein eigenes Studio „Butcher and Queen“ an der Peterstraße in der Kempener Altstadt.

Die Nachfrage ist groß, denn Tattoos sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Eine WZ-Serie, die in Kürze startet, wird dies zeigen (siehe Info-Kasten). „Die Hauptzielgruppe sind die 20- bis 25-Jährigen“, sagt van Wickeren. Aber auch das gibt es: Sein ältester Kunde ist 74.

Während Frauen häufiger für kleinere Motive kämen, säßen Männer oft nur einmal auf seinem Stuhl — „aber dann gleich für etwas richtig Großes“. Sämtliche Berufsgruppen seien vertreten, er nennt unter anderem Ärzte und Richter. „Allerdings sagen viele, dass sie ein Tattoo möchten, dass sich leicht durch Kleidung verdecken lässt.“

So unterschiedlich die Kunden, so unterschiedlich ihre Wünsche. Die Bandbreite reicht von einer einzelnen Indianerfeder bis zum Konterfei der Country-Legende Johnny Cash — oder dem Bildnis des geliebten Dackels. Während kleinere und einfache Motive schon binnen einer Stunde machbar seien, könnte für aufwendigere Haut-Kunst schon mal ein ganzer Nachmittag draufgehen. Und die Kosten? Als ungefähre „Hausnummer“ beziffert der Kempener einen „ganzen Oberarm“ mit 1000 Euro.

Den Schmerz gibt es gratis dazu. „Klar, es tut weh“, sagt der Tätowierer. Ein Kunde vergleiche das brennende Gefühl mit Schürfwunden, über die Alkohol geschüttet würde. Ein anderer Kunde klagt sogar jedes Mal über „höllische Schmerzen“ — ist aber von Hals bis Fuß völlig tätowiert.