Mendelssohn-Festival mit sechs Konzerten an vier Tagen Viel Applaus zum Start des Mendelssohn-Festivals

Kempen · Wegen Corona mehrmals verschoben, konnte nun endlich das lange geplante Mendelssohn-Festival mit einem auserlesenen Kammerkonzert in der Paterskirche beginnen. Es ist den leidenden Menschen in der Ukraine gewidmet. 

Zum Auftakt traten das Amaryllis Quartett und Pianist Matthias Kirschnereit in der Paterskirche auf.

Foto: Norbert Prümen

Peter Landmann war die Erleichterung anzumerken, als er in seiner Begrüßung verkünden konnte: „Es geht los.“ „Es“, das ist das lang ersehnte Mendelssohn-Festival mit insgesamt sechs Konzerten an vier Tagen. Der Initiator der Klosterkonzerte dankte allen Sponsoren und freiwilligen Helfern, die ein solch umfangreiches Programm erst möglich machen – allen voran der Sparkassenstiftung, die zwei Vertreter entsandt hatte.

Pianist Matthias Kirschnereit, Inspirator, Ko-Kurator und Akteur des Festivals, der seit den 80er Jahren Wegbegleiter der Klosterkonzerte ist und in Kempen eine große Fangemeinde hat, begrüßte ebenfalls das Publikum und hob die friedenstiftende Kraft der Musik hervor. Mit diesem Festival solle auch erreicht werden, das umfangreiche Schaffen Mendelssohns kennenzulernen, da vielen nur gängige Werke, wie das berühmte Violinkonzert, der Sommernachtstraum oder der „Elias“ bekannt seien.

Angesichts des schrecklichen Blutvergießens in der Ukraine begann der Abend mit einem musikalischen Gebet namens „Ikone“, das der ukrainische Komponist Valentin Silvestros (1937), der noch in Kiew ist, für Streichquartett geschrieben hat. Mit Ernst und innerer Ruhe gestalteten die Mitglieder des Amaryllis-Quartetts dieses um Frieden flehende Opus, das in seiner flächigen Kompositionsweise stark an den Letten Arvo Pärt erinnert.

Dazu passte besonders gut das letzte Streichquartett – Nr. 6, f-Moll, op.80 - das Felix Mendelssohn Bartholdy 1847, in seinem Todesjahr, unter dem Eindruck des unerwartet frühen Todes seiner so sehr geliebten Schwester Fanny schrieb. Hier ist nichts mehr übrig von der ansonsten vorherrschenden Melodienseligkeit – hart und kantig, von hoffnungslosem Aufbegehren und kaum unterdrückter Erregung überschattet, erscheint das orchestral konzipierte Opus. Eine Ausnahme bildet lediglich der dritte Satz (Adagio), dessen Klagemelodie zu Beginn eine gewisse Ergebung in das Schicksal suggeriert.

Gustav Frielinghaus, 1. Violine, Theresa Reustle, 2. Violine (sie war ein vollgültiger Ersatz für die verhinderte Geigerin Lena Sandoz), Mareike Hefti, Viola, und Ives Sandoz, Violoncello, verstanden es meisterlich, die bedrückende Stimmung, die diesem Werk eigen ist, den Zuhörern zu vermitteln. Das international angesehene und erfolgreiche Quartett, das von Walter Levin in Basel, später beim Alban Berg Quartett in Köln und bei Günther Pichler in Madrid ausgebildet wurde, blieb dem außergewöhnlichen Opus weder technisch noch interpretatorisch etwas schuldig.

Gleiches gilt für das lichte Quartett Nr. 1, Es-Dur op.12, mit dem der 20-Jährige bereits ein Meisterwerk schuf. Die lyrische Grundhaltung des Kopfsatzes, dessen thematisches Material im Finale wiederkehrt, trafen die „Amaryllis“ ebenso überzeugend wie die Kantabilität der an zweiter Stelle stehenden „Canzonetta“, sie ist eigentlich ein „Lied ohne Worte.“

Bei einem Mendelssohn-Festival ein Werk von Robert Schumann aufzuführen, ist mehr als legitim, haben sich doch die beiden fast gleichaltrigen Tonsetzer sehr geschätzt. Schumann nannte Mendelssohn den „Mozart des 19. Jahrhunderts“, und der so Geadelte hat nachweislich bei dem einen oder anderen Werk Schumanns gerne übernommene Verbesserungsvorschläge gemacht. Beispielsweise bei dem Quintett Es-Dur für 2 Violinen, Viola, Violoncello und Klavier op.44, das in dem vom WDR mitgeschnittenen Auftaktkonzert nach der Pause erklang.

Hier übernahm Matthias Kirschnereit den so anspruchsvollen wie wirkungsvollen Klavierpart, und vom ersten Akkord an waren Pianist und Quartett eine unumstößliche Einheit. Dem orchestralen Charakter dieses prachtvollen Klanggemäldes, das der Kunstform des Klavierquintetts, der sich später vor allem Brahms, Franck und Dvorak verschrieben, erst den Weg bereitete, widmeten sich die Künstler mit sorgfältig austarierter Intensität und in ausdrucksvollen Soli.

Und das nicht nur im brillant und von erlesener Anschlagskultur geprägten Klavierpart, sondern auch in Cello und Bratsche.

Eine lichte Kantilene des Primgeigers hellte den düsteren Trauermarsch (2. Satz) auf, und ein kunstvolles Doppelfugato im Finalsatz führte zum machtvollen Schluss. So gelang ein von Beifall umjubelter Festival-Einstieg.