Brüggen: Disko-Nacht endet mit Haft
Ein junger Mann muss trotz Zweifeln an der Aussage des Opfers hinter Gitter: Drei Jahre Gefängnis wegen Vergewaltigung.
Brüggen/Krefeld. Es war am Ende nicht das Schwarz-Weiß-Bild vom grausamen, brutalen Vergewaltiger und dem armen, unschuldigen Mädchen. Es war etwas dazwischen. Aber das Gericht kam zu dem Schluss, dass das, was in den frühen Morgenstunden des 4. Juli 2009 auf einem Feld bei Brüggen geschah, eine Vergewaltigung war.
Der Angeklagte Matthias T. (alle Namen von der Redaktion geändert) hat demnach die damals 16-jährige Patricia D. nach einer durchzechten Nacht in einer Brüggener Diskothek mit sich auf einen Feldweg gezogen und dort vergewaltigt.
Bis zuletzt hatte er erklärt, den Sex habe es zwar gegeben, aber sie sei damit einverstanden gewesen.
Der Staatsanwalt hatte vier Jahre Haft gefordert. Für ihn hatte sich der Anklagevorwurf bestätigt, T. habe das Mädchen unter Androhung von Schlägen gefügig gemacht. Die Behauptung, der Geschlechtsverkehr sei einvernehmlich gewesen, sei durch die Beweisaufnahme widerlegt.
Aber er deutete schon an, was es den Richtern später schwierig machen sollte: "Die Glaubwürdigkeit des Opfers ist problematisch." Allerdings habe er auch das Mädchen im Gerichtssaal erlebt. "Ich habe Zweifel, ob man so ein Entsetzen spielen kann." Alles gebe ein rundes Gesamtbild ab.
Hans-Jürgen Speckamp, der als Anwalt der Nebenklage das Opfer vertrat, legte Wert darauf, noch einmal darzustellen, dass das Mädchen sehr wohl glaubwürdig sei. Der Taxifahrer, der das Mädchen aufgefunden hat, habe glaubhaft ihren Zustand bestätigt.
Verteidiger Gerhard König forderte Freispruch für Matthias T. Er würdigte das "intensive Bemühen" aller Beteiligten, den Sachverhalt aufzuklären. "Meine persönliche Meinung ist, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt", sagte er in seinem Plädoyer. Aber die Sache sei einfach nicht genügend aufgeklärt für eine Verurteilung. "Es bleiben Zweifel an der Frage, was in dieser Nacht passiert ist."
Richter Herbert Luczak dankte König für die "angemessene Verteidigung und Behandlung des Opfers". Er räumte ein, dass es "wesentliche Punkte in der Aussage des Opfers" gebe, die "Zweifel wecken".
Man müsse normalerweise sagen, einer solchen Zeugin könne man nicht glauben, "wenn nicht andere Aussagen belegen würden, dass es doch so war". Wenn man allein aufgrund ihrer Angaben hätte urteilen wollen, hätte man ein Glaubwürdigkeitsgutachten gebraucht, erläuterte der Richter.
Mit den anderen Aussagen meint er vor allem das Geständnis, das T. bei der Polizei nach einer längeren Vernehmung abgelegt, im Gerichtssaal aber widerrufen hatte.
Für Matthias T., der schon mehrfach Bekanntschaft mit dem Jugendrichter gemacht hatte, bleibt nun nur, in Revision zu gehen - oder die drei Jahre Haft, auf die die vergangenen sieben Monate Untersuchungshaft angerechnet werden, abzusitzen.