Handwerk: Die Rückkehr des Dampfs

Der Dülkener Bäckermeister Rongelraths griff auf eine alte Technik zurück und kaufte einen Dampfbackofen.

Dülken. Es dampft und zischt. Hans Rongelraths öffnet eine der fünf Klappen des riesigen Backofens. Geschickt hantiert er mit dem hölzernen Schieber. Er angelt die Brote heraus, die da nebeneinander auf der steinernen Fläche liegen. "Dass es so dampft, hat seine Richtigkeit. Es handelt sich um einen Dampfbackofen", erklärt Rongelraths. Er ist Chef der Bäckerei an der Karlstraße 1 in Dülken. Kein alltäglicher Anblick in einer Backstube, so ein Ofen. Umwälz- und Elektroöfen, die sind gang und gäbe. Das war auch bei Rongelraths so, bis vor drei Jahren. Wo jetzt der Dampf wallt, stand ein großer Umwälzofen. Den verkaufte der Bäckermeister und schaffte sich den lang ersehnten Dampfbackofen an. Er funktioniert nach einem Prinzip, das es seit fast 100 Jahren gibt. "Ich habe schon lange damit geliebäugelt und die Fachpresse studiert", erzählt der Dülkener. Bei der Backmesse in Düsseldorf fiel die endgültige Entscheidung. Kein ganz billiges Vergnügen. Der zehn Quadratmeter große Ofen, Gewicht acht Tonnen, kostet 50 000 Euro. "Dafür hält der ein Leben lang", versichert Rongelraths. Man müsse ihn nur gut pflegen, sprich regelmäßige Inspektionen durchführen lassen. Die Brote backen bei durchgängig 230 Grad Rongelraths ist einer der wenigen Bäcker im Kreis Viersen, die einen solchen Ofen in der Backstube haben. Was ist aber das Geheimnis eines Dampfofens? "Er heizt, wie der Name schon sagt, mit Dampf", klärt der Fachmann auf. Im Inneren befinden sich Rohre, in denen eine bestimmte Menge Wasser ist. Das wird zum Verdampfen gebracht. Ohne Pumpen steigt der Dampf auf und verteilt sich gleichmäßig in diesem geschlossenen Rohrsystem. "Die so entstehende Wärmeverteilung garantiert eine weiche, aber intensive Hitze", erklärt Rongelraths. Man backe bei 230 Grad und das durchgängig. Das heißt, das Brot kommt in den warmen Ofen und wird bei der gleichen Temperatur wieder herausgeholt. "Bei anderen Öfen geht man mit der Temperatur während des Backens rauf und runtert", informiert der Bäcker. Dazu kommt, dass die fünf Fächer einen speziellen Steinboden haben. Das Ergebnis: Die Brote haben eine besondere Kruste, bleiben länger frisch und unterscheiden sich auch im Geschmack. Für die Wärme sorgt die Thermosteinfeuerung, auch eine Besonderheit. Rund um die Brenner befinden sich nur Schamottsteine. Eine enorme Wärmespeicherkapazität ist so gegeben. Das zahlt sich in Sachen Energieersparnis aus. Die liegt bei 30 Prozent. Wenn der computergesteuerte Backofen gefüllt ist, fasst er 100 Zweipfundbrote. Eine enorme Menge, aber nötig: Die Brote erfreuen sich großer Nachfrage. RONGELRATHS 55-jähriges Bestehen feierte die Bäckerei Rongelraths soeben. 1951 eröffnete Johannes Rongelraths die Backstube am 1. Dezember als 35. Bäckerei in Dülken. 1971 trat Sohn Hans mit einer Bäckerlehre in die väterlichen Fußstapfen. Acht Jahre später folgte die Meisterprüfung. 1980 übernahm er den Betrieb, der sich im Laufe der Zeit immer mehr vergrößerte. Übrigens: Heute sind in Dülken noch zwei eigenständige Bäckereien.