Millionendefizit Kreishaushalt Viersen 2024: „Das Risiko ist jetzt schon enorm“

Kreis Viersen · Die Städte und Gemeinden sollen im nächsten Jahr zehn Millionen Euro mehr an den Kreis zahlen. Wie reagieren die Bürgermeister? Wofür benötigt der Kreis das Geld?

„Wir entlasten die Kommunen schon um mehr als 20 Millionen Euro“, sagt Kreiskämmerer Thomas Heil.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Am 11. Januar 2024 wird Kreiskämmerer Thomas Heil den Haushaltsentwurf für 2024 in den Kreistag einbringen. Eine der wichtigsten Einnahmequellen, die von den Städten und Gemeinden zu zahlende Kreisumlage, soll angehoben werden. Rund zehn Millionen Euro insgesamt sollen die neun kreisangehörigen Kommunen an den Kreis mehr überweisen als im vergangenen Jahr. Dennoch rechnet Heil mit einem Defizit von rund 8,4 Millionen Euro. Geld, das er aus der Ausgleichsrücklage nehmen will, damit die Kommunen nicht noch stärker belastet werden. Wiederholen lässt sich die Methode aber nicht: Ende 2024 wird die Ausgleichsrücklage nach aktuellem Stand nur noch fünf Millionen Euro enthalten.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Entwurf des Kreishaushalts.

Warum steigt der Finanzbedarf des Kreises so stark an?

Es sind großenteils dieselben Gründe, die auch die Städte und Gemeinden unter finanziellen Druck setzen.  „Die Tariflohnerhöhungen schlagen zu Buche“, sagt Heil. Für 2024 entspreche das für die tariflich Beschäftigten einer Steigerung um elf Prozent. Bei den Beamten hat er mit fünf Prozent mehr kalkuliert. Hinzu kommen 32 zusätzliche Stellen, die Inflation, ein höheres Zinsniveau sowie deutlich gestiegene Bau- und Herstellungskosten. Und das bei einer aktuell schrumpfenden Wirtschaft, wodurch Steuereinnahmen und Schlüsselzuweisungen nicht mehr in der Höhe fließen werden wie bisher. Ein weiterer Punkt: Die Corona-Hilfen und besonderen Belastungen durch den Ukraine-Krieg konnten bisher im Haushalt isoliert werden. Bedeutet im Klartext: Diese Millionenzahlungen hatten keinen Einfluss aufs Ergebnis. Damit ist es aber ab 1. Januar 2024 vorbei. Ende 2023 war das ein Minus von mehr als 15 Millionen Euro, das nun den Haushalt 2024 belastet.

Wie reagieren die Bürgermeister?

Die finden die geplante Erhöhung der Kreisumlage um einen Prozentpunkt wenig erfreulich — und machen konkrete Vorschläge, wie der Kreis sie reduzieren oder sogar ganz weglassen könnte. „Die uns dargelegten bisherigen Überlegungen lassen das Bemühen erkennen, die Handlungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden durch überhöhte Umlagebelastungen nicht noch weiter einzuschränken“, lobt Kalle Wassong, Sprecher der Bürgermeister im Kreis Viersen. Und er räumt ein: „Wir müssen anerkennen, dass die aktuelle Haushaltssituation auch im Kreishaushalt wenig Gestaltungsspielräume bietet.“ Dennoch haben die Bürgermeister dem Kreis Ideen unterbreitet, wie er die Kommunen stärker entlasten könnte. So hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eines „globalen Minderaufwands“ geschaffen. Denn regelmäßig fielen die Jahresabschlüsse in den NRW-Kommunen deutlich besser aus als zunächst kalkuliert. So rechnete beispielsweise der Kreis Viersen für 2023 mit einem Minus von 5,6 Millionen Euro. „Insgesamt ist nach dem aktuellen Kenntnisstand eine Reduzierung des geplanten Fehlbedarfs möglich“, erklärt Heil. In 2024 dürfen deshalb zwei Prozent von der Ausgabenseite gestrichen werden. „Dies würde bereits zu einer möglichen Reduzierung der beabsichtigten Hebesatzerhöhung um 0,5 Prozentpunkte führen“, rechnet Wassong vor. Ersparnis für die Kommunen: gut 2,5 Millionen Euro. Und wenn der Kreis, wie von den Bürgermeistern seit Jahren gefordert, den Weg der Konsolidierung einschlage, könne er auch komplett auf eine Erhöhung der Kreisumlage verzichten, so die Bürgermeister.

Was entgegnet der Kreis?

„Zur Darstellung eines ausgeglichenen Haushalts wäre eine Erhöhung des Hebesatzes der Kreisumlage von annähernd sechs Prozentpunkten erforderlich gewesen“, sagt Kreiskämmerer Heil. Der Kreis sei den Kommunen also mit der geplanten Erhöhung um einen Prozentpunkt schon sehr weit entgegengekommen, entlaste die Kommunen bereits um mehr als 20 Millionen Euro. Der Kreis hat einen „globalen Minderaufwand“ von einem Prozent einkalkuliert. Verbesserungen von zwei Prozent, wie von den Bürgermeistern gefordert, habe der Kreis in den Vorjahren nicht regelmäßig erreicht. Spielraum, auf die Erhöhung der Kreisumlage zu verzichten, sieht Heil deshalb nicht. „Das Risiko ist jetzt schon gewaltig.“