Haushalt in Viersen Rat verschiebt Haushalts-Beschluss

Viersen. · Die Mitglieder des Viersener Rates wollen wohl erst im April über den Etat für 2019 entscheiden. Dafür stimmte in der jüngsten Sitzung eine breite Mehrheit. Das hat Auswirkungen auf viele städtische Angebote.

Die SPD beriet, ob Steuererhöhungen sinnvoll sind. Manuel Garcia Limia (SPD): „Wir sind der Meinung, ja.“

Foto: Martin Röse

So kurz vor Weihnachten wollte Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) den Abend harmonisch ausklingen lassen. Nach rund zwei Stunden öffentlicher Ratssitzung lud sie die Ratsmitglieder zum gemeinsamen Jahresabschluss an einer Glühweinbude in der Fußgängerzone ein. Süße benebelnde Heißgetränke sozusagen als Rezept, um scharfe Worte zu lindern. Denn knapp eine Stunde lang hatten die Ratsmitglieder zuvor darüber diskutiert, wie sinnvoll es ist, den Haushalt 2019 nicht an diesem Abend zu beschließen – sondern die Entscheidung wohl erst im April 2019 zu treffen. Die Fraktionen von CDU, FDP, Die Linke und FürVie stimmten geschlossen für eine Verschiebung: Damit greift in Viersen jetzt eine vorläufige Haushaltsführung.

 Schon im Finanzausschuss Anfang Dezember hatten Linke, FDP, FürVie und CDU dafür gestimmt, den Etat erst 2019 zu beschließen. CDU und Die Linke hatten dafür im November entsprechende Anträge gestellt. Dabei geht es vor allem darum, abzuwarten, ob die Stadt Viersen 2018 tatsächlich eine schwarze Null geschafft oder ein Defizit eingefahren hat – und darum, ob die von der Verwaltung vorgeschlagenen Steuererhöhungen wirklich nötig sind. Sie sollen rund zwei Millionen Euro einbringen. Ob die Stadt die schwarze Null schafft, wird frühestens Ende Februar klar sein.

Natürlich sei der Haushalt „ein schwieriges Geschäft, weil ein Prognosegeschäft“, sagte Paul Mackes (CDU) in der Ratssitzung. „Aber wir wollen die Prognosen durch Fakten ersetzen.“ Das gemeinsame Ziel der Fraktionen, einen ausgeglichenen Haushalt zu schaffen und das Haushaltssicherungskonzept zu verlassen, sei nicht aus den Augen verloren: „Wir wollen intensiver denn je daran arbeiten.“ Dass Steuererhöhungen eine Option sein können, „will ich gar nicht in Frage stellen“, sagte Mackes. Doch um festzustellen, ob sie notwendig sind, sollten erst mal die Fakten betrachtet werden. Abwarten und realistische Zahlen betrachten – das hielt auch Hans-Willi Pertenbreiter (FürVie) für den richtigen Weg. Nächster Schritt müsse jetzt sein, 2018 positiv abzuschließen, sagte Mackes.

Manuel Garcia Limia (SPD) warf der CDU vor, sie handle unvernünftig und sei vom gemeinsamen Weg abgekommen. Die SPD-Fraktion habe darüber beraten, ob Steuererhöhungen sinnvoll seien oder nicht: „Wir sind der Meinung, ja.“ Michael Lambertz (SPD) ergänzte, die von der Verwaltung angedachte Gewerbesteuererhöhung sei „sehr maßvoll und auch dringend geboten“; die Erhöhung der Grundsteuer „ist mehr eine Anpassung“ – schließlich habe es seit 16 Jahren keine Erhöhung mehr gegeben.Garcia Limia mahnte, die Stadt könne einige Projekte nicht angehen, wenn der Haushalt erst in vier bis fünf Monaten beschlossen und weitere vier bis fünf Monate später genehmigt werde. Stellen in der Verwaltung könnten nicht besetzt, Bücher für die Stadtbibliothek nicht gekauft werden, nannte er Beispiele. Auch das Jazzfestival sei in Gefahr, fügte Norbert Dohmen (Grüne) an. Die CDU selbst habe beantragt, dass in Viersen-Boisheim eine Kita gebaut werden soll: „Das können Sie dann auch vergessen.“ Christoph Saßen (Die Linke) wehrte sich gegen den im Raum stehenden Vorwurf, eine Vertagung des Haushaltsplan-Beschlusses sei unvernünftig und schade der Stadt: „Sie tun gerade so, als wollten wir die Stadt in Schutt und Asche legen. Wir wollen die Stadt erhalten, und wir wollen um vier Monate vertagen, nicht um vier Jahre.“

Stefan Feiter (FDP) kritisierte, SPD und Grüne würden „ein Weltuntergangsszenario“ skizzieren, die Verwaltung könne aber durchaus auch bei einer Verschiebung schon einige Punkte abarbeiten. Die FDP habe sich ja bereits gegen Steuererhöhungen ausgesprochen, sie hoffe, dass sie vermieden werden können oder geringer ausfallen als geplant. „Wir sollten die Zeit für uns arbeiten lassen“, sagte Feiter. Martina Maaßen (Grüne) warf Feiter vor: „Sie sprechen keineswegs Fakten an, Sie fabulieren herum.“ Das von Feiter in der Stadtverwaltung noch vermutete „Milliönchen“, das „werden wir nicht mehr finden“.

Die Bürgermeisterin mahnte, es sei ein Denkfehler, den Beschluss zu verschieben und die Jahresrechnung 2018 zum Maß der Entscheidung zu machen. Das Ziel sei, den Haushaltsausgleich nicht nur für 2019 zu erreichen. Es würden Einnahmeverbesserungen gebraucht, „strukturell und kontinuierlich“, sagte Anemüller. Die Frage sei, ob es wirklich helfe, jetzt abzuwarten: „Diese Meinung teile ich nicht, und auch nicht die Kämmerei.“