Kinder aus 15 Kitas und Schulen in Viersen Galerie im Park zeigt ungewöhnliche Ausstellung über Schönheit
Viersen · Wie schön es ist, „anders schön“ zu sein, zeigt die neue, gleichnamige Ausstellung in der städtischen Galerie im Park. Das Ungewöhnliche: Die Aussteller sind Mädchen und Jungen aus Kitas und Schulen.
Batman, Spiderman, Wonderwoman, der grüne Hulk – sie sind Superhelden: Stark, mit einem perfekten und makellosen Körper retten sie die Menschheit. Wer wäre nicht gerne wie sie? Die Wirklichkeit aber sieht anders aus. Auch die vermeintlichen Superhelden sind nicht perfekt. Kinder und Jugendliche der Anne-Frank-Gesamtschule haben sich malend mit Wunsch und Wahrheit des Superheldendaseins auseinandergesetzt, haben sie auf den unperfekten Boden der Tatsachen geholt. Zu sehen sind ihre Arbeiten in der neuen Ausstellung „Anders schön“ in der Städtischen Galerie im Park. Sie wird am Sonntag, 16. Juni, eröffnet.
Übergewicht, asymmetrische Gesichtszüge, schiefe Zähne – die Makellosen weisen sympathische Mängel auf. Schön sind sie irgendwie dennoch. Anders schön eben. Unter diesem Titel zeigen Kinder und Jugendliche aus Kitas und Schulen in Viersen ihre Arbeiten.
Seit Jahren ist es Tradition, kurz vor den Sommerferien die kreativen Arbeiten von Viersener Kindern und Jugendlichen der Öffentlichkeit zu präsentieren. Gruppen aus zwei Kitas und aus neun Grundschulen, einer Förderschule, einer Realschule, einer Gesamtschule und zwei Gymnasien sind dabei. Sie sind der Einladung von Nicola Nilles, in der Kulturabteilung der Stadt zuständig für Kultur und Schule, sowie von Jutta Pitzen, der Leiterin der Städtischen Galerie, gefolgt, und haben sich mit dem Thema „Andersschön“ auseinandergesetzt.
Bei „Andersschön“ geht es um Toleranz, Offenheit und gegenseitige Wertschätzung. Es geht darum, zu zeigen, dass jeder Mensch einzigartig, anders, schön ist. „Das ist ein Thema, das perfekt zu unserer Zeit passt“, erklärt Nicola Nilles.
Die Kinder und Jugendlichen haben gemalt, geschnitten, geklebt, gebaut, gefilmt, vorgelesen, gezeichnet, collagiert. Geschätzt hängen und stehen mehr als 200 Arbeiten in den Räumen der Städtischen Galerie. Zeit mitbringen wäre also ein guter Tipp für diejenigen, die die Ausstellung besuchen. Denn es gibt Mitmachaktionen: Die Gemeinschaftsgrundschule Rahser hat eine Modenschau veranstaltet, mit viel Spaß und wunderbar unperfekt. Diese haben sie gefilmt und präsentieren das Ergebnis. Neben dem Bildschirm stehen eine Verkleidekiste und ein Spiegel – die Besucherinnen und Besucher dürfen in das Spiel einsteigen und sich verwandeln.
Mit bemerkenswerten Collagen beteiligen sich Jungen und Mädchen der fünften bis neunten Klasse der Realschule an der Josefskirche: Der Körper einer männlich wirkenden Person wird mit weiblichen Attributen gefüllt. Gesichter von Männern und Frauen sind durch größere, blauere, perfektere Augen, vollere Lippen ergänzt. Und das mit Nadel und Faden – die Eingriffe sind fast schmerzhaft erkennbar.
Die Erstklässler der Remigiusschule machen deutlich: „Mit dem Herzen“ sehen ist die Devise, die Vielfalt der Menschen zu entdecken. Ihre kleinen, bunten Menschen bilden ein großes Herz, in dessen Zentrum ein Auge liegt. „Wir sind alle schön, wenn wir wir selber sind. So von innen heraus“, kommentiert ein Schüler der Gemeinschaftsgrundschule Körnerschule.
Das findet auch die Viersener Illustratorin Verena Potthast. Sie ist Gast in der Ausstellung und präsentiert unter ihrem Pseudonym Scwoh ihre an Street Art erinnernde Malerei. Im ersten Stock der Galerie stellt sie sich schreibend und malend die Frage nach der wahren Schönheit.
„Andersschön“ thematisiert auch die kulturelle Vielfalt. Schülerinnen und Schüler des Erasmus-von-Rotterdam Gymnasium stellen fotografisch Menschen aus anderen Ländern vor. „Gib mir mal die Hautfarbe“, bitten die Kinder der 3a der Paul-Weyers-Schule. Aber welcher Stift gibt denn nun die richtige Hautfarbe wieder? Auch dort dürfen die Besucher und Besucherinnen selbst zeichnen. „Theo liebt es bunt“ heißt ein Bilderbuch von Samuel Langley-Swain. Das Wiesel Theo liebt anders als die anderen Wiesel schrille Outfits. Die Remigiusschule münzt die Geschichte um: „Die 1d liebt es bunt“, sagen sie und spielen das Buch mit sich als Protagonisten in einem Video neu nach.
Erstmals kann man unters Dach der alten Villa steigen zum neuen Ausstellungsraum. Er soll, so Jutta Pitzen, in Zukunft immer wieder einmal in die Ausstellungen einbezogen werden. Oder man nimmt den Aufzug und kann beim Fahren dem neuen Podcast „Von Unten nach Oben“ lauschen. Oben dürfen die Gäste Platz nehmen, gucken und hören.
Die Autorin und Illustratorin Ilka Brühl ist in einem Video zu sehen. Sie weiß, wie es ist, „andersschön“ zu sein: Mit einer Gesichtsspalte geboren, haderte sie lange mit ihrem Aussehen. Heute kämpft sie darum, Vielfalt als Bereicherung zu betrachten. Sie liest ihr Buch „Milo, der Naschkater“ vor. An den Wänden hängen Bilder der Buchillustrationen.
„Andersschön“ ist schön. Macht Spaß und stimmt nachdenklich. Die Erstklässler bewerben sich mit ihren Arbeiten um die Teilnahme an der Aktion Kulturstrolche. Sie haben schöne Chancen.