Kurse in Tönisvorst und Kempen Lernen, wie „Letzte Hilfe“ zu leisten ist

Tönisvorst/Kempen · Früher starben die Menschen in der Regel in ihrer gewohnten Umgebung. Heutzutage ist das Wissen darüber, wie man sterbende Angehörige pflegt und umsorgt, verloren gegangen. Der „Letzte Hilfe“-Kurs will das ändern.

 Abschied von nahe stehenden Menschen nehmen fällt schwer. Ein „Letzte Hilfe“-Kurs gibt wertvolle Tipps.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

„Erste Hilfe“-Kurse, in denen Handgriffe zu lebensrettenden Maßnahmen an einem Unfallort erlernt werden, besuchen die meisten Menschen schon im jungen Erwachsenenalter. „Letzte Hilfe“-Kurse dagegen, in denen Maßnahmen erlernt werden, die lebensbedrohlich Erkrankten und Sterbenden in der letzten Lebensphase Erleichterung bringen und die Lebensqualität erhalten, sind weniger bekannt. Der Caritasverband für die Region Kempen-Viersen unter der Regie von Jutta Hemmerich und Susanne Kiepke-Ziemes sorgt dafür, dass sich das ändert.

Jutta Hemmerich ist die Leiterin der Caritas-Pflegestation Tönisvorst, Susanne Kiepke-Ziemes arbeitet als Palliativcoach. „In den letzten 40 Jahren ist viel Wissen darüber, wie mit Sterbenden umgegangen werden kann, verloren gegangen“, sagt Kiepke-Ziemes. Während die Menschen früher in der Regel zu Hause starben, verlagerte sich der Tod spätestens seit den 1980er-Jahren immer mehr in die Krankenhäuser, erläutert sie. Angehörige und Freude sind nicht länger vertraut damit, wie sich die Atmung eines sterbenden Menschen anhört, wie eine gute Mund- und Hautpflege aussieht, wie mit Hunger und Durst umgegangen werden kann und wie die Angehörigen die letzten Tage des Sterbenden leichter machen können. „Wir wollen Sicherheit geben im Umgang mit Sterbenden“, sagt Jutta Hemmerich.

Hilfe mit einem
eingefrorenen Stück Obst

Was die Mundpflege angeht, so erklärt Hemmerich, ist es so, dass der Patient durch die eingenommenen Medikamente einen unangenehmen Geschmack empfinden kann. Dem kann mit einem eingefrorenen Stück Obst wie Ananas, eingewickelt in ein Mulltuch, das man dem Patienten gibt, abgeholfen werden. Eine Honigsalbe hilft gegen aufgesprungene Lippen. Diese Dinge gehören zu den Inhalten der vierstündigen Kurse, an deren Ende die Teilnehmer ein Zertifikat erhalten. Weitere Themen sind: das Sterben als Teil des Lebens zu begreifen; zu verstehen, was in der letzten Lebensphase geschieht; Wege aufzuzeigen, wie Angehörige und Freunde Abschied nehmen können. Aber auch Vorsorgemaßnahmen und die Fragen, welche Entscheidungen zu treffen sind, werden in den Kursen behandelt.

Das Wichtigste bleibt: „Wir möchten dazu ermutigen, sich Sterbenden zuzuwenden – denn Zuwendung ist das, was wir alle am Ende des Lebens am meisten brauchen“, so Jutta Hemmerich. Mit Sterbehilfe, das betonen beide Kursleiterinnen deutlich, habe der Kurs überhaupt nichts zu tun. Es gehe einzig um die würdige Begleitung des Sterbenden.

„Letzte-Hilfe“-Kurse gibt es
seit 2015 in Deutschland

Die Idee der „Letzte Hilfe“-Kurse basiert auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen des Palliativmediziniers Georg Bollig, der seine Thesen 2008 beschrieb. Die ersten „Letzte Hilfe“-Kurse fanden 2014 in Norwegen und seit 2015 in Deutschland statt. Nicht nur Informationen werden in den „Letzte Hilfe“-Kursen vermittelt. Wichtig ist es auch, die Begleiter der Sterbenden in dem, was sie tun, seelisch zu stärken. Denn nie geht es allein um den Sterbenden, immer sind auch die Familie, die Freunde, die engsten Begleiter im Blick zu behalten.

Die angebotenen Kurse richten sich an Angehörige, aber auch an die Kollegen aus der Altenpflege. Auch Vereine, Organisationen oder Unternehmen können einen „Letzte Hilfe“-Kurs anfragen. Eigentlich, so Kiepke-Ziemes und Hemmerich, sollten die Inhalte der „Letzte Hilfe“-Kurse Allgemeinwissen werden, das schon in der Schule gelehrt werde. So könnte altes, verlorenes Wissen reaktiviert werden.