Raststätte mit langer Geschichte
Für das Lokal „Schwarzenpfuhl“ wird seit 2016 ein neuer Pächter gesucht. In der ehemaligen Fuhrmanns-Herberge soll schon der legendäre „Fetzer“ übernachtet haben.
Neersen. Seit Mai 2016 ist die Raststätte geschlossen, sucht die Eigentümerin einen neuen Pächter. Die Gaststätte „Schwarzenpfuhl“ am Rande von Neersen, die in unmittelbarer Nähe zu den Autobahnzufahrten und Abfahrten zuletzt auch viele Lkw-Fahrer zur Übernachtung nutzten, hat eine lange Geschichte.
Wie Stadt-Archivar Udo Holzenthal mit recherchierte, war der „Schwarze Pfuhl“ bis ins 19. Jahrhundert eine der bedeutendsten Fuhrmannsherbergen am Niederrhein, da sich dort schon damals die beiden Fernstraßen Köln-Venlo und Aachen-Krefeld kreuzten. Den Erzählungen nach, soll die Gaststätte in einer Nacht bis zu 50 Fuhrleute und mehr beherbergt haben.
Vor ihrer Weiterfahrt mussten die Fuhrleute an einem dort stehenden Schlagbaum ein Wegegeld zahlen. Die Schiefbahner hatten einst diese Zollgebühren festgesetzt; allerdings mussten die angenommen Gelder teilweise an die Stadt Neuss aufgrund einer Pfändung weiter gegeben werden.
Der Standort dort war gut gewählt, denn an dieser großen Kreuzung stießen drei Herrschaftsgebiete aufeinander. Während der „Schwarze Pfuhl“ selbst zu Liedberg gehörte, hatte die Gerichtsbarkeit das Amt Oedt. Und das Dorf Neersen selbst wurde erst einmal der „Herrlichkeit Neersen“ zugeschlagen und lag direkt am Herzogtum Jülich.
Früher wurden die Personen, die für ein öffentliches Ärgernis gesorgt hatten, an den Pranger gestellt. Für besonders schwere Straftaten wurden die Angeklagten von der jeweiligen Gerichten zum „Tod durch Erhängen“ verurteilt. Der Überlieferung weiß man nur noch, dass es früher wohl auch in Schiefbahn und Anrath solch ein Gericht gegeben hatte, dass Verurteilte dem zuständigen Vogt übergeben wurden und dass sogar am „Schwarzen Pfuhl“ ein Galgen gestanden haben soll. Den Namen „Schwarzer Pfuhl“ erhielt der Ort von den tiefen Kuhlen, die von einem früher hier verlaufenden Gewässer herrührten.
Wie Udo Holzenthal herausfand, soll um das Jahr 1550 ein Peter Poil der Besitzer dieser Herberge gewesen sein. Holzenthal: „Von 1745 bis 1778 diente das Haus dem Schiefbahner Amtsverwalter als Wohnsitz. Während der Franzosenzeit soll dort für die Nachzucht der Pferde die königliche Deckstation gewesen sein.“
Die Herberge diente vielen Reisenden als willkommene Rast. So soll dort der französische Marschall Ney auf seiner Rückkehr vom gescheiterten Russland-Feldzug übernachtet haben — Napoleon hatte seinerzeit das Bettenlager im Schloss Dyck aufgeschlagen. Ein französischer Offizier wurde übrigens in jener Nacht im Keller des Hauses erschossen und in der Nähe bestattet.
Auch der damals legendäre Räuberhauptmann Matthias Weber, genannt „Der Fetzer“, soll einmal im 18. Jahrhundert im „Schwarzen Pfuhl“ gewohnt haben. Der Räuber, der mit seiner Bande gleich zweimal das Neusser Rathaus plünderte, wurde am 19. Februar 1803 in Köln hingerichtet.
Im 20. Jahrhundert war das Lokal eine beliebte Fernfahrer-Raststätte — vor allem vor dem Bau der benachbarten Autobahn 44.