Firma „WeGrow“ aus Tönisvorst Der schnellste Baum der Welt
Tönisvorst · Der Kiri-Baum wächst so schnell wie keine andere Art, und sein Holz ist deutlich leichter. Von Tönisvorst aus wollen zwei Unternehmer nun Weltmarktführer werden.
Der Kiri-Baum ist eine Wunderpflanze: Er wächst so schnell wie keine andere Sorte, nach vier Monaten ist er zweieinhalb Meter groß, nach zehn Jahren rund 15 Meter. Zudem ist das Holz des aus Asien stammenden Baumes sehr leicht und wiegt gut ein Drittel weniger als das gleiche Volumen etwa einer Linde. Und schließlich ist Kiri-Holz nur sehr schwer entflammbar, dafür aber gut isolierend. Ein Unternehmen aus Tönisvorst macht sich bereit, mit den eigenen Hybridsorten den Markt umzukrempeln. „Wir wollen langfristig weltweit führender Anbieter von Kiri-Holz werden“, sagt Peter Diessenbacher, Mitgründer von „WeGrow“. In diesem Jahr startet die erste Ernte in Deutschland.
Den Grundstein für die heutige Firma mit Sitz in Kehn legten der 42-Jährige und seine Geschäftspartnerin Allin Gasparian (40) vor elf Jahren in ihrer Studentenwohnung. Damals studierten beide in Bonn, in einem kleinen Gewächshaus auf ihrer Fensterbank wuchsen die ersten Kiri-Bäume. Inzwischen haben der Agraringenieur und die Volkswirtin vier eigene Hybridsorten des Kiri-Baums gezüchtet. Sie beschäftigen mehr als 100 Mitarbeiter und haben neben dem Sitz in Vorst große Anbauflächen etwa bei Rostock und in der Nähe von Madrid in Spanien.
In Tönisvorst sitzt die Firma seit fünf Jahren. Auf der rund 20.000 Quadratmeter großen Fläche sind im Gartenbau, im Produktionslabor und in der Verwaltung 40 Mitarbeiter beschäftigt; zudem gibt es dort seit einem Monat auch eine Holzverarbeitung. Denn in diesem Jahr kann „WeGrow“ in Deutschland die ersten Bäume in seiner Firmengeschichte ernten: rund 2000 Stück auf einer Fläche bei Heidelberg. Die Bäume der Hybridsorte Nord-Max 21 wurden dort vor acht Jahren gepflanzt und sind heute bereits knapp 16 Meter groß. Wie Diessenbacher berichtet, hat der normale Kiri-Baum eine Lebensdauer von bis zu 80 Jahren, kann 50 Meter hoch werden, mit einem Stammdurchmesser von zwei Metern.
Um das Holz des Kiri-Baums vermarkten zu können, hat der Agraringenieur zwei Arten gekreuzt: eine, die zwar schräg wächst, aber dafür sehr frosthart ist, und eine, die besonders gerade wächst, berichtet Diessenbacher. Seine Hybridsorte Nord-Max 21 eigne sich nun besonders für eher kühlere Länder wie Deutschland, Phoenix One für wärmere Orte wie Spanien und H2F3 und H2F4 gingen sowohl als auch – „aber wegen der großen Blätter darf es nicht zu windig sein“, sagt der 42-Jährige. Denn das schnelle Wachstum verdanke der Kiri-Baum seinem tiefreichenden Wurzelsystem, seiner natürlichen Resistenz gegen Schädlinge und seinen bis zu 1,20 Meter großen Blättern.
Der Zeitpunkt der ersten „WeGrow“-Ernte kommt genau richtig: In der Baubranche ist die Verwendung von Holz im Kommen, sagt Diessenbacher. Zwar sei Kiri-Holz nicht so stabil wie normales Bauholz und eigne sich darum weder für Dachgiebel noch Parkettböden. Dafür besteche es aber durch seine Leichtigkeit. So werde es gerne beispielsweise beim Bau von Wohnmobilen verwendet. „Damit kann man pro Caravan 150 Kilogramm Gewicht einsparen“, sagt Diessenbacher. Kreuzfahrtunternehmen würden Kiri-Holz für Trennwände und in Kabinen ihrer Schiffe wählen. Zudem habe der Kiri-Baum eine höhere CO2-Bindung und eigne sich damit gerade für Innenstädte.
Den Traum, Weltmarktführer zu werden, geht „WeGrow“ nicht erst jetzt mit der ersten Ernte an. Seit Jahren schon vertreibt das Unternehmen Jungpflanzen in der Variante „Ready“ und der etwas kleineren Version „Plug“. Die Kunden stammen nach Unternehmensangaben unter anderem aus Tschechien, Portugal, Costa Rica und Chile. „WeGrow“ hat in zehn Ländern Anbaupartner, und „im vergangenen Jahr hatten wir Anfragen aus 110 Ländern“, sagt Diessenbacher.
Bei der Nutzung als Baustoff geht „WeGrow“ mit gutem Beispiel voran: Der neue Bürokomplex in Tönisvorst soll zu 100 Prozent aus Kiri-Holz errichtet werden.