Herr Koch, die Zivilklausel fällt. Sehen Sie eine Gefahr, dass Hochschulen für die militärische Forschung instrumentalisiert werden?
Interview zum neuen Hochschulgesetz „Leitplanken für Forschung sind im Grundgesetz“
Düsseldorf · Lambert T. Koch, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz und Rektor der Bergischen Uni, fand die Zivilklausel für Hochschulen „entbehrlich“.
Die regierungstragenden Fraktionen im NRW-Landtag und die Opposition liegen beim neuen Hochschulgesetz hoffnungslos über Kreuz. Die eine Seite will mehr Freiheit für die Hochschulen, die andere fürchtet mehr Gängelung der Studierenden. Über die strittigen Punkte sprachen wir mit dem Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenz NRW, Lambert T. Koch, der auch Rektor der Bergischen Universität Wuppertal ist.
Lambert T. Koch: Die wichtigsten Leitplanken für die Forschung unserer Universitäten ergeben sich aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Schon die Präambel verpflichtet uns alle darauf, dem Frieden zu dienen. Zugleich gehört es – getragen vom Geiste des Grundgesetzes – zu den Aufgaben von Forschung, Chancen und Risiken neuer Entwicklungen und Technologien ohne Einmischung Dritter aufzuzeigen. Mit der Novelle des nordrhein-westfälischen Hochschulgesetzes ändert sich hinsichtlich dieser beiden Feststellungen nichts. Alle Hochschulen sind frei, ihrer Grundordnung – mit dem Grundgesetz vereinbare – Zivilklauseln voranzustellen. Dies in einem Landesgesetz zu wiederholen, ist entbehrlich.
Wie sehen Sie das Thema Anwesenheitspflicht: Hilft es Unis mitunter, eine solche einzuführen?
Koch: Mit der Gesetzesnovelle wird es in die Verantwortung der Hochschulen gestellt, wie sie mit dem Thema Anwesenheit umgehen. So weit ich es sehe, plant keine unserer Universitäten, nun eine generelle Anwesenheitspflicht einzuführen. Gerade in kleineren Lehrveranstaltungen, wie vor allem Seminaren, kann aber das themengeleitete wissenschaftliche Debattieren Teil des Lernziels sein. In solchen Fällen gilt es, durch geeignete Maßnahmen eine hinreichende Konstanz des Kreises der Teilnehmenden sicherzustellen.
Wie bewerten Sie die Regelungen zum Promotionsrecht an den Fachhochschulen im Gesetz?
Koch: Die Universitäten haben im Vorfeld der Abstimmung über das Gesetz unmissverständlich klargemacht, dass sie ein Modell des kooperativen Promovierens zwischen Universitäten und Fachhochschulen bevorzugen. Ein solches Modell ermöglicht es, begabte Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen zu fördern sowie gleichzeitig gemeinsame Forschungsprojekte voranzubringen. Auf diese Weise wird die sinnvolle Differenzierung zwischen den Hochschultypen gewahrt und einer extrem kostenintensiven Entstehung von Parallelstrukturen vorgebaut. Das jetzt geplante zentralistische Promotionskolleg der Fachhochschulen, das die Universitäten völlig ausschließt, wäre ein Rückschritt für den Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen.
Kernziel der Landesregierung im Gesetz ist mehr Freiheit für die Hochschulen. Wird dieses Ziel aus Ihrer Sicht erreicht?
Koch: Die nordrhein-westfälischen Universitäten waren in den vergangenen Jahren im bundesweiten Vergleich auf der Überholspur. Alle Zahlen belegen, dass sie bei den Studierenden besonders beliebt und im Forschungswettbewerb besonders exzellent aufgestellt sind. Die mit dem Hochschulfreiheitsgesetz aus dem Jahre 2007 gestärkte Autonomie hat es uns wesentlich erleichtert, diese starke Wettbewerbsposition zu entwickeln. Insofern ist es nur folgerichtig, wenn mit der jetzt vorgelegten Gesetzesnovelle der Rahmen der Hochschulfreiheit nachjustiert wird.