Kunst in Mönchengladbach Historische Gucklöcher sind aktueller denn je

Mönchengladbach. · Einst konnten Leprakranke mit Hilfe eines Hagioskops an Messfeiern teilnehmen.

Der Blick durch das Guckloch auf die Christus-Statue.

Foto: bauch, jana (jaba)

Den Kranken war es verboten, den Kirchraum zu betreten, geschweige denn an der Messfeier teilzunehmen. Über ein Hagioskop – auch Lepraspalte genannt – konnten die Infizierten einen Blick in den Altarraum erhaschen. Der Mönchengladbacher Künster Wolfgang Franken (72) hörte erstmals im Radio von solchen Gucklöchern in sakrale Räume, aber das Thema faszinierte ihn so, dass er für einen Meditationsweg auf dem evangelischen Friedhof am Wasserturm ein Hagioskop aus Ton und Gips entwarf.

Künstler Wolfgang Franken auf dem Friedhof am Wasserturm.

Foto: bauch, jana (jaba)

Zwiegespräch zwischen
alter und neuer Kunst

Das war vor zehn Jahren. Heute ist das Hagioskop als Sinnbild für die Zeit von Covid-19 aktueller denn je, findet Franken. „Mir ist erst gerade bewusst geworden, wie sehr es in unsere Zeit passt.“ Wer durch das künstlerisch gestaltete Gucklock mit Überdachung auf dem Gladbacher Friedhof sieht, schaut auf eine Statue, die den auferstehenden Christus zeigt. Den Standort hat der Künstler gezielt gewählt: „Ich wollte mit der Sichtachse ein Zwiegespräch zwischen alter und neuer Kunst schaffen“, sagt der Rhein­dahlener.

Die Christusfigur datiere etwa aus dem Jahr 1850, der Entstehungszeit des Friedhofs. Dem entgegen setzte Franken einen modernen Schaukasten. „Eine meiner Arbeiten habe ich dem Lepra-Museum in Münster zur Verfügung gestellt“, erzählt er. Franken ist spezialisiert auf sakrale Kunst. Mehr als 30 Kirchenfenster hat er entworfen. Die fünf Stationen des Meditationswegs ziehen sich über den Friedhof. Noten in Glasbausteinen und eine Spiegel-Installationen mit dem alten Baumbestand gehören dazu. Das Thema der Hagioskope fasziniert Franken bis heute: „Wörtlich bedeutet Hagioskop ,Heiliges Schauen’. Da wird auch eine heilsbringende räumliche Gemeinsamkeit hergestellt.“

An den Kirchen gibt es kaum noch die runden oder kreuzförmigen Fensterchen für die Kranken. Sie wurden fast alle zugemauert. „Man dachte wohl, dass wir sie nicht mehr nötig haben. Vielleicht haben wir uns getäuscht“, sagt er.