Probleme in Dormagen Dormagen hat Kinderärzte-Problem
Dormagen · Eltern klagen über die Schwierigkeiten, einen Termin bei Kinderärzten zu bekommen. Die Rede ist von langen Wartezeiten und mangelndem Kontakt. Die Kassenärztliche Vereinigung sieht keine Unterversorgung.
Claudia S. hat es genau festgehalten, es waren exakt 96 Versuche, ihre Kinderarzt-Praxis in Dormagen zu erreichen. Die Mutter von zwei Kindern, die ihren echten Namen nicht veröffentlicht sehen möchte, ist fassungslos: „Da stimmt doch etwas nicht. Es kann doch nicht sein, dass ich mit einem kranken Kind die Praxis nicht erreiche.“ Zudem geben sie und andere Mütter an, dass sie Termine erst in einigen Wochen bekommen. Hat Dormagen zu wenige Kinderärzte? Die Kassenärztliche Vereinigung bestreitet dies.
Claudia S. wandte sich mit ihrem kranken Kind an ihren Hausarzt, der schaute sich das Kind an, empfahl ihr aber letztlich, den Kinderarzt zu konsultieren. „Wahrscheinlich ist die Praxis mit der aktuellen Corona-Situation überfordert“, glaubt die Dormagenerin, die für die hohe Belastung Verständnis zeigt. Aber ihr scheint das Problem strukturell zu sein. Denn als sie vor einigen Jahren nach Dormagen zog und einen Kinderarzt suchte, war das zunächst aussichtslos: „Mir wurde gesagt, dass es einen Aufnahmestopp gebe. Weil ich darauf hinwies, dass ich ein Neugeborenes habe, klappte es dann, weil die nicht abgewiesen werden dürfen.“
In Dormagen gibt es zwei Kinderarzt-Praxen, beide an der Krefelder Straße, mit drei „KV-Stellen“. So heißt es im Fachjargon der Kassenärztlichen Vereinigung: ein Arzt gleich eine Stelle. Wieviele Stellen es in einer Stadt gibt, ist in einer Bundesrichtlinie festgelegt. Dormagen ist Teil der Kreisgemeinschaft, für die die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein die Bedarfsplanung macht. Die sieht für den Rhein-Kreis 32 Kinder- und Jugendärzte vor. Diese Zahl richtet sich nach der Zahl der minderjährigen Einwohner (78 613, Stand 20. Oktober 2021). Daraus ergibt sich ein rechnerischer Versorgungsgrad von 117,6 Prozent.
Mitversorgung aus benachbarten Großstädten berücksichtigen
Also gibt es sogar zu viele Kinderärzte? „Streng genommen ist der Rhein-Kreis überversorgt“, sagt ein KV-Sprecher. Dieser Status gilt ab 110 Prozent. Laut KV muss eine Mitversorgung aus benachbarten Großstädten berücksichtigt werden, Köln-Worringen etwa gilt als „Mitversorger“; „dort gibt es dann eine höhere Zahl an KV-Sitzen“, so der Sprecher
Dr. Claudia Dominikus ist Kinderärztin in Dormagen. Sie spricht von einer schwierigen Situation, „wir haben total viele Anfragen von Eltern“. Ihrer Meinung nach gibt es zu wenig Kinderärzte bzw. KV-Stellen in Dormagen. „Gerade durch Umzüge und Neubaugebieten ergibt sich eine gestiegene Nachfrage.“ Sie hat im Kollegenkreis erfahren, dass es den anderen ebenso geht. „Akut kranke Kinder bekommen natürlich am selben Tag einen Termin. Bei den U-Untersuchungen ist es ratsam zwei, drei Monate vorher einen Termin zu vereinbaren“, sagt sie. Auch die Pandemie belaste die Arztpraxen organisatorisch und führe zu längeren Wartezeiten.
Marion Schröder, AOK-Regionaldirektorin Niederrhein, reagiert überrascht: „Von solchen Problemen ist uns nichts bekannt.“ Sie kündigte aber an, dass man in Gesprächen mit den Handelnden vor Ort dieses Thema aufrufen wolle. „Den Eltern muss natürlich geholfen werden, und wir wollen schauen, ob es alternative oder ergänzende Möglichkeiten gibt.“ Die Rede ist von telemedizinischer Beratung oder Kooperation mit Krankenhäusern.