Kundgebung bei Speira Recycling Services Alu-Werker fordern Brückenstrompreis

Grevenbroich · Trillerpfeifen ertönen, Arbeiter halten weiß-rote Fahnen der IGBCE, der Industriegewerkschaft für Bergbau, Chemie und Energie, hoch, am Zaun hängt ein Banner „Bezahlbare Energien jetzt – Standorte und Arbeitsplätze retten“.

Zur Kundgebung bei der Speira Recycling Services am Montag hatte die Gewerkschaft IGBCE aufgerufen.

Foto: Michaelis, Judith (jumi)/Judith Michaelis (jumi)

„Trotz der krisenhaften Lage zögert die Bundesregierung“, ruft Patrick Leveringhaus, Gewerkschaftssekretär der Gewerkschaft in Düsseldorf in die Menge. „Brückenstrompreis jetzt“, lautete die Losung bei einer Kundgebung der IGBCE. Dass statt 200 erwarteter Teilnehmer nur circa 80 kamen, dürfte am miserablen Wetter gelegen haben.

„Wir brauchen für die energieintensiven Industrien einen Brückenstrompreis von circa fünf Cent je Kilowattstunde, als Überbrückung für die Zeit bis 2030 – wenn der Ausbau der erneuerbaren Energie so weit ist, dass der Strompreis wieder niedriger ist“, sagte Leveringhaus. Für diesen Ausbau sei die Grundstoffindustrie, etwa für Aluminium, wichtig. Wegen des Energiekosten-Anstiegs würden Unternehmen in Deutschland ein Vielfaches von dem in den USA, China und Frankreich zahlen. „Wir brauchen vergleichbare Rahmenbedingungen, sonst drohen Abwanderung und Verlust von Arbeitsplätzen in Massen“, machte Leveringhaus die Dimensionen deutlich. „Die energieintensiven Industrien machen zusammen eine Wertschöpfung in Deutschland von 240 Milliarden und Steuereinnahmen von 90 Milliarden Euro im Jahr aus.“

Demgegenüber würden circa 30 Milliarden für den Brückenstrompreis bis 2030 stehen, so Leveringhaus. „Steuergelder und enormes Wissen drohen verloren zu gehen. Das hat die Politik vergessen“, sagte Vertrauensmannvorsitzender Helmut Gebert von Tokai Erftcarbon. Wenn es nicht bald eine Lösung gebe, könne er sich vorstellen, „dass es nicht lange so weiter geht“, befürchtete Michael Emmerich, Betriebsratsvorsitzender von Speira Recyling Services. Seiner Meinung nach sei insgesamt eine „Energie-Brücke nötig, für viele Prozesse im Werk wird Erdgas benötigt.

Lösung aus der Vorwoche
soll nicht ausreichend sein

Doch gibt es für den Strompreis nicht eine Lösung – da war doch was vergangene Woche? Am Donnerstag hatte sich die Bundesregierung auf ein Strompreispaket geeinigt. Allein 2024 soll es eine Entlastung von zwölf Milliarden Euro für energieintensive Industrien und mittelständische Betriebe geben. So soll die Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz von 0,05 Cent reduziert werden. Auch weitere Hilfen wurde angekündigt.

„Das Strompreispaket ist eine gute Nachricht für unsere Region. Damit können wir Arbeitsplätze schaffen und schützen“, hatte der Grevenbroicher Bundestagsabgeordnete Daniel Rinkert (SPD) erklärt. Durch das Zusammenspiel der Maßnahmen könne für energieintensive Unternehmen ein Strompreis von unter sechs Cent je Kilowattstunde erreicht werden.

Das Paket reicht nicht, meint dagegen Patrick Leveringhaus. „Das ist so, als würde man einem Menschen auf der Intensivstation ein Aspirin verabreichen“. Bei den verabredeten Maßnahmen handele es sich vor allem um eine Verlängerung vorhandener Entlastungen. Das Strompreispaket bringe „Entlastungen in der Breite der gewerblichen Stromkunden“, eine nachhaltige Senkung der Strompreise „wird jedoch nicht erreicht“, hatte IGBCE-Chef Michael Vassiliadis erklärt.

Dem Argument von Kritikern, eine Strompreisentlastung senke den Innovationsdruck der Betriebe, klimafreundlicher zu werden, hält Patrick Leveringhaus entgegen: „Es geht um eine Brücke“, um mit den erwirtschafteten Geldern bis etwa 2030 in die Transformation investieren zu können, um Kohlendioxid zu sparen.

Was sonst drohen könnte, machte Rolf Langhard, Betriebsratsvorsitzender des Rheinwerks von Speira deutlich, in dem ein Teil zum Jahresende schließt, 300 Arbeitnehmer seien betroffen. „Wir haben gesehen, wie schnell das geht. Wir dürfen nicht der Anfang vom Ende sein.“