Blindgänger-Suche dauert noch Grevenbroich bleibt auch am Dienstag im „Bomben-Modus“

Noithausen · Da, wo das neue Obdachlosenheim gebaut werden soll, könnte eine Bombe schlummern. Experten haben begonnen, den Boden auf dem Gelände in Noithausen zu untersuchen. Die Stadt bereitet sich auf eine mögliche Evakuierung vor.

Bombensuche in Noithausen: Mit einem spiralförmigen Bagger-Aufsatz werden rund um den Verdachtspunkt Löcher gebohrt, in die spezielle Messtechnik eingelassen wird.

Foto: Stadt Grevenbroich/Stan

Anwohner der Straße „Am Alten Hof“ in Noithausen leben womöglich seit Jahrzehnten in unmittelbarer Nähe eines zündfähigen Sprengkörpers: Auf einer Freifläche an der Ringstraße, haben Fachleute am Montag mit der Sondierung des Bodens begonnen. Bei der Auswertung von Luftbildern aus dem Zweiten Weltkrieg hatten Spezialisten der Bezirksregierung einen Verdachtspunkt ausgemacht. Im Erdreich könnte eine Fliegerbombe aus Kriegstagen liegen, die nach dem Einschlag nicht detoniert ist – und folglich seit rund 80 Jahren unentdeckt im Boden schlummert. Die Stelle liegt nur wenige Meter von der Bahntrasse entfernt, die das Gelände an der Ringstraße von den Gärten „Am Alten Hof“ trennt.

Ursprünglich war die Stadt davon ausgegangen, noch im Laufe des Montags Ergebnisse der Sondierung vermelden zu können. Alle hatten sich auf eine Evakuierung eingestellt. Am Nachmittag erklärte die Stadtverwaltung aber, dass die Ergebnisse diesen Dienstag erwartet werden – frühestens. Die Suche nach der möglichen Bombe dauert nämlich wesentlich länger als gedacht.

Mit der Sondierung auf dem Gelände an der Ringstraße, auf dem bald das neue städtische Obdachlosenheim gebaut werden soll, ist eine Fachfirma betraut. Die Kräfte haben am Montag zunächst eine Oberflächensondierung durchgeführt. Im Anschluss starteten sie mit dem Bohren von 37 Sondierungslöchern mithilfe eines spiralförmigen Spezial-Aufsatzes für einen Bagger. In die Löcher wird ein Messgerät eingelassen, das magnetische Gegenstände im Erdreich erfassen kann. Die Bohrlöcher sind jeweils mehrere Meter tief.

Als problematisch hat sich laut Rathaus-Sprecher Lukas Maaßen eine Kies-Schicht im Boden erwiesen: Um diese Schicht durchdringen zu können, müssen die Arbeiter bei jedem einzelnen Loch den Bohrkopf wechseln. Das dauert. Deshalb konnten am Montag erst sieben der geplanten 37 Löcher gebohrt werden. Aufgrunddessen ist es fraglich, ob im Laufe des Dienstags bekannt gegeben werden kann, ob ein großer, metallischer Körper im Boden liegt – und ob es sich dabei tatsächlich um eine Bombe handelt, die entschärft werden muss.

Die Stadt plant mit zwei Evakurierungsradien

Sollte sich der Bomben-Verdacht bestätigen, gilt es als wahrscheinlich, dass die Entschärfung unmittelbar danach erfolgt. Die Noithausener sollten sich für diese Woche auf eine Evakuierung einstellen. Die Stadt plant mit zwei Radien: Im direkten Gefahrenbereich (ein Umkreis von 300 Metern um die Bombe) wären 620 Bürger betroffen. Sie müssten für die Dauer der Entschärfung des Kriegsrelikts aus Sicherheitsgründen ihre Häuser verlassen. Im erweiterten Radius (300 bis 500 Meter) müssten sich rund 400 Bürger „luftschutzgemäß“ verhalten, sich etwa im von der Bombe abgewandten Teil ihres Hauses aufhalten. Betroffene, die ihre Häuser für die Entschärfung verlassen müssen, können in der Turnhalle der Wilhelm-von-Humboldt-Gesamtschule unterkommen. Das Deutsche Rote Kreuz soll die Versorgung der Menschen sicherstellen.

Bei einem Fund würde es auch zu einigen Straßensperrungen kommen. Die Stadt hatte bereits Ende vergangener Woche die K10, die Grabenstraße, die Düsseldorfer Straße, die Dr.-Paul-Edelmann-Straße, die Fröbelstraße und die Straße „Am Rittergut“ aufgezählt. Auch im Bahnverkehr wäre mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen, insbesondere auf der Verbindung Grevenbroich-Neuss.

Falls die Messergebnisse aus Noithausen nahelegen, dass dort tatsächlich etwas Großes, Metallisches im Boden liegt, wird der Verdachtspunkt freigelegt: Mit Bagger und Schaufeln nähern sich die Experten vor Ort dann dem verdächtigen Objekt an. Sollten sie am Ende tatsächlich auf eine Bombe stoßen, übernehmen Spezialisten des Kampfmittel-Beseitigungsdienstes. Diese können das genaue Fabrikat inklusive Zünder identifizieren und zwecks Entschärfung direkt an der Bombe arbeiten.

Der Kampfmittel-Beseitigungsdienst hatte in den vergangenen Jahren mehrere Einsätze in Grevenbroich. Zuletzt hatten die Spezialkräfte eine Fliegerbombe aus amerikanischer Produktion in Orken unschädlich gemacht. Die Sprengbombe hatte jahrzehntelang unentdeckt unter dem Kirmesplatz gelegen – da, wo zur Kirmes immer der Autoscooter aufgebaut wird. Die Entschärfung vor fast auf den Tag genau drei Jahren hatte den Fachleuten einiges abverlangt. Weil einer der beiden Zünder festgerostet war, mussten sie dem 250 Kilogramm schweren Sprengkörper mit speziellem Gerät zu Leibe rücken. Am Ende gelang es ihnen, den korrodierten Zünder herauszudrehen und die Bombe unschädlich zu machen.

Einen anderen Einsatz hatte der Entschärfungstrupp der Bezirksregierung im Oktober 2015. Nach der Untersuchung von fünf Verdachtspunkten am Rande des Industriegebiets Ost mussten die Männer damals gleich drei Bomben nacheinander unschädlich machen. Die Profis hatten vor neun Jahren Glück: Die Zünder ließen sich leicht herausdrehen, nach nur 31 Minuten waren alle drei Blindgänger entschärft.

Den letzten Verdachtspunkt in Grevenbroich hatte es im September 2023 gegeben. Damals wurde unweit des Bahnhofsvorplatzes nach einer Bombe gesucht. Der Verdacht hat sich aber nicht bestätigt: Die Sonde hatte wegen eines rostigen Metallpfostens im Boden angeschlagen.