Meerbusch Bos-Feinkosthandel rechnet mit Einbußen
Gastronomen bestellen weniger bei dem Meerbuscher Unternehmen. Picnic profitiert.
Unter der Corona-Krise leidet die Gastronomie. Viele Restaurants bleiben leer, in den Küchen sinkt der Bedarf an Waren drastisch. Die Folgen bekommt auch der Büdericher Feinkosthändler Ralf Bos zu spüren, denn das Gros seiner Kunden sind Gastronomen. „Die Einbußen können wir momentan noch nicht ganz beziffern“, sagt er, „es dürften aber etwa 40 Prozent sein. Wir haben uns darauf eingestellt, dass es vermutlich über mehrere Monate so bleiben oder sich sogar verschlimmern wird.“
Der Unternehmer hat in dieser Situation eine Reihenfolge von Wichtigkeiten erstellt. „Erstens wird hier keiner seinen Job verlieren. Zweitens können meine Mitarbeiter, die jüngere Kinder versorgen müssen, ohne Lohneinbußen bis Ostern zu Hause bleiben.“ Er betrachtet diese Geste auch als Dankeschön für die Solidarität seines Teams, als das Büdericher Bos-Lager im Dezember 2018 komplett niederbrannte und alle Weihnachtsvorräte vernichtete. „Damals hat man mir ohne Wenn und Aber geholfen, dafür kann ich mich jetzt
revanchieren.“
Lieferengpässe bei den Delikatessen seien nicht zu befürchten, stellt er klar – auch nicht aus Italien. Denn von dort bekäme er hauptsächlich Essig, Öl und Wein, also keine frische Ware. Bis auf den Schinken, den er ohnehin in großen Mengen eingelagert hat. „Was unser Portfolio angeht, bin ich recht entspannt“, betont Bos. „Bei unseren Kunden deutlich weniger: Gastronomen leben gemeinhin von der Hand in den Mund und haben wenig Ersparnisse. Existenzen können da schnell gefährdet sein.“ Anders als sie kann Ralf Bos einen Teil der Verluste auffangen: „Wir verzeichnen jetzt mehr Bestellungen von Endverbrauchern. Viele gehen nicht mehr essen wie gewohnt. Sie kochen selber und legen dabei Wert auf hohe
Qualität.“
Picnic bedient derzeit 70 000 Kunden in NRW
Klarer Gewinner der dramatischen Lage ist der auch im Meerbuscher Stadtgebiet aktive Lebensmittel-Lieferdienst Picnic. Von diversen Standorten aus werden derzeit rund 70 000 Kunden in NRW bedient. Die Corona-Angst treibt bei dem ausschließlich über Online verfügbaren Service den Umsatz kräftig in die Höhe. „Um etwa 50 Prozent“, schätzt Deutschland-Chef Frederic Knaudt. Darauf hat er zügig reagiert: „In den vergangenen drei Wochen haben wir 100 Mitarbeiter eingestellt, um unsere Kapazitäten zu steigern und die Nachfrage zu befriedigen.“ Es hätten auch immer ausreichend E-Autos zur Verfügung gestanden. „Bisher konnten wir jedenfalls alles reibungslos bewältigen“, sagt er, rechnet aber in den kommenden Tagen mit weiter steigender Nachfrage. Aus mehreren Gründen: „Die Leute stehen im Supermarkt vor teilweise leeren Regalen. Vor allem aber haben sie Angst, sich beim Einkaufen zu infizieren. Erst recht, seitdem die Bevölkerung dazu angehalten ist, soziale Kontakte so gut wie möglich zu vermeiden.“ Nachgefragt seien haltbare Lebensmittel, Seife, Reinigungsmittel und Toilettenpapier. Seit einigen Tagen hat Picnic bei der Auslieferung neue Maßnahmen ergriffen. „Wir schränken den Kontakt zwischen Fahrer und Kunde ein, um eine gewisse Distanz zu wahren“, sagt Knaudt. „Bisher wurden die Waren ins Haus und in die Wohnung gebracht, manchmal sogar bis in die Küche. Jetzt stellt unser Bote die Sachen vor der Tür ab, klingelt und tritt etwas zurück. In erster Linie geht es darum, ältere Menschen zu schützen.“