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70 Jahre: Die CDU feiert trotz Krise

Heinz Günther Hüsch wird geehrt und sieht „Grund zum Nachdenken und Handeln“ für seine Partei.

Neuss Mit großer Gelassenheit nahm Heinz Günther Hüsch eine Ehrung in Empfang, von der er vorher keine Ahnung gehabt hatte. Eine Ehrenurkunde und Medaille für 70 Jahre CDU, 70 Jahre Stadt- und Kreisverband, zu deren Gründer Hüsch am 4. November 1945 gehört hatte. „Das ist eine große Anerkennung“, so der frühere Landtags- und Bundestagsabgeordnete, und angesprochen darauf, was die Ehrung ihm bedeute, sagte der 86-Jährige: „Mir bedeuten die sieben Jahrzehnte Union etwas.“ Man konnte ihm ansehen, wie sehr ihn der momentane Zustand seiner Partei und die Schwierigkeiten der Aufräumarbeiten innerhalb des Neusser Stadtverbandes plagen.

Eine Feierstunde in Krisenzeiten — so recht reden wollte beim Festakt im Zeughaus mit mehreren hundert Gästen aus dem ganzen Rhein-Kreis am Samstag niemand über Wahlschlappen, Machtkämpfe, das Aufbegehren der Jugend durch Sebastian Leys Ankündigung, für die Landtagswahl 2017 an Stelle von Stadtverbandschef Jörg Geerlings kandidieren zu wollen. Und doch war dieses Rumoren in vielen Beiträgen zu spüren — ausgesprochen und unausgesprochen.

Hüsch rief die Union am Ende seiner Festrede, in der er an die Gründung der Partei und sieben Jahrzehnte voller politischer Erfolge erinnerte, auf: „Da im Kreis vier Bürgermeisterämter verlorengegangen sind, selbst in Neuss, besteht reichlich Grund zum Nachdenken und vor allem zum Handeln. Wir müssen uns anstrengen. Alle. An die Arbeit.“

Die Kaarsterin Natalie Panitz (25), Wahlkreisbetreuerin der CDU in Neuss, sagte in der anschließenden Diskussionsrunde dreier Generationen von Unionsmitgliedern: „Wir müssen Entscheidungen kritisch hinterfragen dürfen. Aber ganz wichtig ist nach außen eine geschlossene Kommunikation. Da können wir uns von der Konkurrenz etwas abschauen.“ Notker Becker, der 1989 in die Union eingetreten ist, erinnerte an den Anspruch der CDU, Volkspartei zu sein. „Wir müssen uns um die Menschen kümmern. Wenn die Leute meinen, wir kümmern uns nur um uns, dann wählen sie uns nicht.“ Kreisparteichef Lutz Lienenkämper, der gemeinsam mit Geerlings eingeladen hatte, erinnerte an die Kernwerte, die zur „DNA“ der CDU geworden seien: „Das christliche Menschenbild und die katholische Soziallehre. Hier ist immer Politik mit hoher sozialer Sensibilität gemacht worden. Das steht für die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der Partei.“

Geerlings sagte, man könne viel aus der Diskussion mitnehmen: „Wir haben das Wort Geschlossenheit gehört, aber auch, dass man um den richtigen Kurs ringen muss.“ Auch die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde Thema. Die stellvertretende Kreisvorsitzende Daniela Leyhausen hatte in einer Moderation über die Generationen und Kanzler der Union von der „brutalen Realität der Angela Merkel“ gesprochen und dafür ein Raunen aus dem Publikum geerntet. Altmeister Hüsch entgegnete darauf später: „Angela Merkel hat die Chance, als Kanzlerin der Barmherzigkeit in die Geschichte einzugehen. Es ist mein Wunsch, dass sie dies auch dann verteidigt wenn andere materielle Interessen höher einschätzen als eine christliche Gesinnung.“

Zum Abschluss spielte das „Trio on Cue“ ein Lied, das laut Hüsch schon zur Gründung der Partei für ihn einen hohen symbolischen Stellenwert hatte: Zarah Leanders „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen“.