Abschied vom Schulalltag
1600 Schüler haben am Freitag mit einem Umzug den Endspurt hin zum Abitur gefeiert.
Neuss. Joshua hat ein Problem mit Mathe. Valerie und Julia sind schwach in den Naturwissenschaften, und bei Felix hakt es eigentlich noch in allen Fächern. Doch daran verschwendet im Moment niemand einen Gedanken.
Eine Bierflasche in der einen, eine Zigarette in der anderen Hand, Sonnenbrille auf der Nase und Trillerpfeife im Mund — so ziehen 1600 angehende Abiturienten vom Neumarkt bis zur Eventhalle. Dort ist am Abend Party — 4000 Karten sind verkauft.
Die Musik ist ohrenbetäubend laut, Alkoholgeruch liegt in der Luft. Es wird gegrölt, was die Stimmen hergeben, der eine oder andere Schnaps macht die Runde.
„Der Martin ist schon so voll, der hat sein Handy verloren“, schnarrt ein junger Mann durch ein Megafon. Die Innenstadt ist eine einzige Partymeile: Jugendliche hüpfen auf der Straße, dass das Dosenbier spritzt, tanzen auf Mottowagen, die beim nächsten Bauern geliehen wurden. „Mit Vollgas ins Ziel“, lautet ein Schriftzug.
Ihre Kreativität haben die Schüler nicht nur bei der Gestaltung der Wagen spielen lassen, auch bei den Mottos geht es provokant zu: „Homosabiens — nach 13 Jahren an der Spitze der Evolution“, heißt es, dazu werden aufblasbare Keulen geschwungen. „Sarrabin — Multikulti und wir haben Abi“, steht auf anderen T-Shirts, „Schwabbi — Die fetten Jahre sind vorbei“. „Abistokratie — aber 13 Jahre rumgepöbelt“, hält das Marie-Curie-Gymnasium dagegen. Dazu gibt’s Kapuzenpullover im Einheitslook und Krönchen: „Das passt optimal“, findet Constantin (20) und nippt an der Bierflasche.
Die Schülerinnen des Gymnasiums Marienberg haben sich für das Motto „Abi Road, 13 Jahre über den Zebrastreifen“ entschieden, in Anlehnung an das Beatles-Album. Ansonsten setzen sie auf Klischees: pinke Pullover, Glitzer-Makeup.
„Mitarbeiter vom Ordnungsamt sind unterwegs und kontrollieren, dass das Jugendschutzgesetz eingehalten wird“, sagt Polizeioberkommissar Michael Münker.
Dass ihr Sohn im Laufe des Tages betrunken in einer Ecke landet, glaubt Monika Widelok-Dröge nicht. „Felix ist 18, er hat seine Erfahrungen gemacht“, sagt sie lachend, die Kamera in der Hand. Felix macht sich ebenfalls keine Sorgen — auch nicht um sein Abitur: „Das läuft. Sind ja noch zwei Wochen.“