Auch in Neuss fehlt Wohnraum

Unklar ist, wie viele Wohneinheiten in Zukunft entstehen müssten. Die GWG hat mehrere Projekte in Planung.

Neuss. Leerstand kennt die Gemeinnützige Wohnungs-Genossenschaft (GWG) nicht. „Noch vor drei Jahren war das anders“, erinnert GWG-Vorstand Ulrich Brombach, der allein an dieser Marke ablesen kann, wie eng der Wohnungsmarkt ist. „Die Wohnungsnot ist in Neuss angekommen“, stellt er fest. Und die GWG sieht sich mit aufgerufen, diesen Markt wieder ins Lot zu bringen. 3470 Wohnungen hat der größte private Vermieter in der Stadt derzeit im Bestand, und wenn das auf vier Jahre angelegte GWG-Investitionsprogramm im Jahr 2019 abgearbeitet ist, sollen es 3800 sein. Netto-Zuwachs: 396 Wohnungen.

Aber: Wie groß ist der Bedarf? Über dieser Frage ist ein Streit zwischen Stadt und Kreis entbrannt, die mit völlig unterschiedlichen Zahlen argumentieren. Der Kreis kommt auf 9000 Wohneinheiten, die bis 2030 entstehen müssten, die Stadt auf 6500.

Ulrich Brombach, GWG-Vorstand

Die Spanne dazwischen, hat nach Darstellung von Baudezernent Christoph Hölters drei Grenzen. Erstens: Der Kreis orientiert sich an Landeszahlen und geht davon aus, dass in Neuss 2040 gut 180 000 Menschen leben. Diese Einwohner-Zielzahl hält Hölters nicht für erstrebenswert. Anders als der Kreis geht er auch davon aus, dass die meisten der für eine Wohnbebauung anvisierten Flächen auch bebaut werden. Und er stellt die Annahme des Kreises mehr als infrage, wonach Neuss jährlich 150 Wohnungen durch Abriss verliert. „Das gibt es nicht“, sagt Hölters.

Ob 6500 oder 9000 Wohneinheiten — die Schaffung von Wohnraum ist eine Herausforderung. Gemeistert werden kann sie nach Überzeugung von Brombach nur, wenn sich auch private Investoren finden. „Aber welcher Metzgermeister baut noch ein Sechsfamilienhaus?“, fragt er. „Keiner. Weil die Rendite fehlt.“ Erst recht und trotz aller Förderinstrumente bei öffentlich geförderten Wohnungen, die im GWG-Bestand fast ein Drittel ausmachen. Die 5,75 Euro, die als Miete verlangt werden dürfen, wären schon nicht mehr kostendeckend, sagt Brombach. Er leitet daraus zum Beispiel in Sachen Bauhöhe („Sechs bis sieben Geschosse in der Innenstadt. Das muss gehen.“) oder zu einfachen Bauformen ab („Wer schön will, soll das privat machen.“) Zentral aber ist der Ruf nach verfügbaren Bauflächen. Eine Voraussetzung dafür schafft der Flächennutzungsplan, der im Entwurf vorliegt und — dem Vorrang der Innenentwicklung folgend — den auf 161,4 Hektar berechneten Bedarf für Wohnzwecke auch auf Flächen wie den alten Fabrikstandorten Pierburg, Leuchtenberg oder Eternit abbilden will.

Der GWG hat die Stadt ein Grundstück an der Salierstraße verkauft. „Endlich“, wie Brombach stichelt. Sein Unternehmen wird dort voraussichtlich ab 2019 mit dem Bau von 44 neuen Wohnungen beginnen. 2018 werden schon Baustellen an Lützow- (14 Wohnungen), Augustastraße (11) und am Glehner Weg (28) eingerichtet. Für das Jahr danach plant die GWG Projekte neben der Salierstraße vor allem auf dem Eckgrundstück Römer-/Fesserstraße. Dort entstehen durch Um- und Neubau nicht nur 53 Wohnungen; es entsteht auch eine Wohngruppe für Demenzpatienten.