Der Kampf um den Neusser SPD-Vorsitz ist eröffnet
Michael Ziege (29), Sascha Karbowiak (30) und Heinrich Thiel (29) wollen die Nachfolge von Benno Jakubassa antreten.
Neuss. Platz zwei ist keinem genug. Der Kampf um den Vorsitz im Stadtverband der SPD wird deshalb von allen drei Bewerbern mit grimmiger Entschlossenheit geführt. Öffentlich betonen Michael Ziege (29), Sascha Karbowiak (30) und Heinrich Thiel (29) unisono, dass man sich um einen fairen Umgang bemüht. Persönliche Angriffe schließt das allerdings nicht aus, auch wenn die aus der zweiten Reihe kommen.
Zu dieser „Abteilung Attacke“ gehört offenbar Wolfgang Itzen. Der amtierende Schatzmeister, der zum „Lager Ziege“ gezählt wird, warf bei einer der ersten Vorstellungsrunden in den Ortsverbänden dem Stadtverordneten Sascha Karbowiak vor, eine Marionette des Bürgermeisters zu sein. Ein heftiger Vorwurf, der aber belegt: Auch für die Funktionäre in Reihe zwei geht es um viel. Denn am Aschermittwoch, 14. Februar, wird zuerst ein Vorsitzender gewählt, danach werden alle anderen Vorstandspositionen besetzt. Itzen ist für Ziege im Falle eines Wahlerfolges gesetzt. Ob er zu den „drei oder vier Amtsinhabern“ gehört, die Karbowiak als Vorsitzender weiter an seiner Seite wissen möchte, scheint dagegen fraglich.
Jeder Bewerber arbeitet daher an einem eigenen Personaltableu für „seinen“ Vorstand. Das müssen sie auch tun, weil Ziege als Wahlsieger den Posten des zweiten Vorsitzenden frei machen würde — und seine Mitbewerber abgelehnt haben, sich mit weniger als dem Vorsitz zufriedengeben zu wollen. Und weil Ziege genauso denkt, würde er im Falle einer Niederlage aus dem Vorstand ausscheiden. Zumindest Thiel weiß, wen er dann auf diesem Posten sehen möchte: Karlheinz Kullick, den Vorsitzenden des Sozialausschusses. „Ich will die Sozialpolitik wieder in den Fokus rücken“, sagt Thiel zur Erklärung.
Die Vorsitzendenwahl wird nötig, weil der Amtsinhaber Benno Jakubassa angekündigt hat, nach 22 Jahren an der Parteispitze für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Einen Vorschlag für seine Nachfolge formulierte er allerdings nicht, und so erlebt die Partei jetzt einen harten, internen Wahlkampf.
Kernstück sind Vorstellungsrunden in den sechs Ortsverbänden. Angefangen vom mitgliederstärksten Ortsverband Stadtmitte, präsentierten sich die Kandidaten schon in den Gliederungen Neuss-Süd und zuletzt in Weckhoven im OV Neuss-Südwest. Podiumsdiskussionen in Holzheim, Rosellen (20. Januar) und in der Nordstadt stehen noch aus. Dort hat Thiel als Vorsitzender am 24. Januar kein Heimspiel zu erwarten, denn eine echte Hausmacht hat keiner der Kandidaten. „Es gibt wohl keinen Verband, der geschlossen für einen Kandidaten votiert“, sagt auch Karbowiak.
Karbowiak ist wie seine beiden Mitbewerber Angehöriger des Stadtrates. Seine Bewerbung aber stellt er vor allem darauf ab, dass er seit 2013 als Vorsitzender den Ortsverband Stadtmitte deutlich belebt hat. Einbindung der Mitglieder, Wahlkreisarbeit, Bürgerdialogforen — was im Kleinen erfolgreich war, möchte er gerne auf den größeren Stadtverband ausdehnen. Daneben hat er — als einziger Bewerber — auch ein Konzept entwickelt, das er unter dem vielsagenden Titel „SPD Neuss 2020 — Platz zwei ist nicht genug“ verbreitet. Das Kommunalwahljahr 2020, so sagt er überzeugt, könne zum erfolgreichsten Jahr in der Geschichte der Neusser SPD werden — wenn ein gutes Ergebnis erzielt und die Wiederwahl von Bürgermeister Reiner Breuer erreicht werden kann. Das dazu erforderliche Wahlprogramm will Karbowiak mit den Mitgliedern erarbeiten.
Nicht nur in diesem Punkt liegen die Ansichten der Bewerber bestenfalls millimeterweit auseinander. So bemüht sich jeder einzelne um andere Akzentsetzungen. Michael Ziege unterstreicht, dass er fünf Jahre als zweiter Vorsitzender Verantwortung getragen hat: „Ich kenne die Strukturen, weiß um die Finanzen — und könnte sofort loslegen“, sagt Ziege, der sich wünscht, dass der Stadtverband sich auch wieder zu Bundes- und Landesthemen äußert.
Und Thiel spielt die Karte Tradition: „Ich stehe für einen Mitte-Links-Kurs und für alle, die die alte SPD haben wollen“, sagt der Stadtverordnete.