Frank Goosen macht eine Liebeserklärung an Menschen und Pott
Der Schriftsteller eröffnet den Literarischen Sommer im Theater am Schlachthof.
Neuss. Um an einem heißen Sommerabend eine Lesung bis auf den letzten Platz auszuverkaufen, braucht es schon etwas. Für den Bochumer Autor Frank Goosen, der am Dienstagabend im Theater am Schlachthof den 14. Literarischen Sommer eröffnete, ist dies jedoch schon Normalität. Das liegt nicht allein an der literarischen Qualität seiner Romane, sondern vor allem an seinem Ruf als Entertainer und Solokabarettist. Auch viele TV-Talkrunden zu den Themen Fußball und Ruhrgebiet werden durch Goosens Witz und Sachverstand erträglich.
Im Theater am Schlachthof aber ging es um seine Bücher. Angefangen vom erfolgreichen Debut „Liegen lernen“, das vom Erwachsenwerden in den politisch bewegten und doch so langweiligen 80-er Jahren handelt. „So viel Zeit“ erzählt die Geschichte von fünf Männern über 40, die diese Jahre überlebt haben und mit der Gründung einer Rockband ihre Jugend zurückholen wollen, stattdessen aber Wege für die Zukunft finden.
Im Auszug aus „Pokorny lacht“ schildert Frank Goosen eine Schulstunde, die gewiss irgendwann wirklich so stattgefunden hat: eine amüsante Episode aus einem ansonsten eher melancholischen Roman über Freundschaft, Schuld und Vergebung. „Mein Ich und sein Leben“ ist eine Sammlung von Erzählungen und Glossen aus Goosens Heimat, dem Ruhrgebiet, und von seinem Leben auf Tour.
Wenig von dem, was Goosen schreibt, hat nicht mit seinem Leben zu tun. „Klar“, sagt der Autor, „es gibt viele biografische Züge und Parallelen, auch wenn mir das natürlich nicht alles selbst passiert ist.“ Es ist auch schwer vorstellbar, dass jemand Figuren wie in „Sommerfest“ ohne reale Vorlage aus dem Ärmel schüttelt. Die „Geschichte von dem Tag, als sich die Erde auftat, weil zwei Kinder sich küssten“ beispielsweise ist ein so liebevolles Porträt der Menschen im Revier, wie es wohl nur jemandem gelingt, der dort eine überwiegend glückliche Kindheit verlebt hat.
Goosen ist der geborene Erzähler, das beweist er mit seinen Büchern und auf der Bühne. Gerade im Ruhrgebiet lägen die Geschichten auf der Straße, man brauche sie nur aufzusammeln, lässt er in Sommerzeit eine Figur sagen und fragt selbst: „Warum immer Berlin? Das Ruhrgebiet ist so spannend. Da müssten sich handwerklich hochklassige Autoren mal dranmachen. Ich bin ja nur Unterhaltungsschriftsteller.“ So tiefzustapeln, ohne kokett zu wirken, schafft auch nicht jeder.