Neuss beim Ganztag weit vorn
Jedes zweite Kind besucht eine Ganztagsschule. Wartelisten gibt es aber trotzdem.
Neuss. Die Kinder den ganzen Tag über in guten Händen zu wissen — das ist für berufstätige Eltern im Alltag das Wichtigste. Nachdem die große Klagewelle zum Rechtsanspruch für Betreuung von unter Dreijährigen am 1. August größtenteils ausblieb, rückt jetzt das nächste Thema in den Vordergrund: ein Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Ganztagsschule.
Laut einer aktuellen Studie des Essener Bildungsforschers Professor Klaus Klemm im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung geht in Nordrhein-Westfalen mehr als jeder dritte Schüler den ganzen Tag zur Schule.
Der Bedarf sei aber viel höher als das Angebot, so der Bildungsforscher. Daher brauche man einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für alle Schüler.
In Neuss ist der Bedarf zwar hoch, doch hier besucht bereits knapp jedes zweite Kind eine Ganztagsschule. In Nordrhein-Westfalen ist die Quirinusstadt Spitzenreiter beim Thema Ganztagsbetreuung.
Nach Zahlen des Neusser Schulverwaltungsamts werden im kommenden Schuljahr wieder 52 Prozent der Kinder eine weiterführende Schule mit einem so genannten gebundenen Ganztag besuchen.
Zudem bieten alle 25 Grundschulen einen offenen Ganztag an, bei dem Kinder, auf Wunsch der Eltern, nachmittags in der Schule bleiben können. Im kommenden Schuljahr sind 55 Prozent aller Grund- und Förderschulkinder in Neuss beim offenen Ganztag angemeldet.
Trotz eines guten Angebots an Plätzen gibt es Wartelisten für den Ganztag, da das Interesse der Eltern in den vergangenen Jahren extrem gestiegen sei. Schuldezernentin Christiane Zangs: „Das liegt einerseits daran, dass immer mehr Eltern Doppelverdiener sind, andererseits aber auch an den guten Angeboten, die die Schulen im Ganztag machen.“
Von Sprachförderung und Hausaufgabenbetreuung bis hin zu Musik-, Theater- oder Sportkursen gibt es da einige Aktivitäten, für die die Eltern bei Vereinen und Musikschulen sonst viel Geld zahlen müssten.
Die Dezernentin fände es sinnvoll, den offenen in einen gebundenen Ganztag umzuwandeln, damit der Unterricht auf den ganzen Tag verteilt werden könne.
Christiane Zangs sieht viele Vorteile in der ganztägigen Betreuung, besonders für Kinder aus bildungsfernen- oder Migrationsfamilien. Sie warnt allerdings davor, die Verantwortung für Bildung und Erziehung komplett an die Schulen abzugeben.