Neuss: Drei Klöster am „Busbahnhof“
Martin Stitz und Carl Pause haben wieder Stadtgeschichte sichtbar gemacht: Ein Blick auf die Zeit um 1800.
Neuss. Sie haben die Römerbrücke in Grimlinghausen wieder sichtbar gemacht und in 3D gezeigt, wo im Mittelalter die Landwehr die Bauern schützte. Sie haben mithilfe alter Quellen am Computer akribisch die Stadtmauer rekonstruiert und ein Bild vom Damenstift St.Quirin geschaffen.
Jetzt präsentieren der Archäologe des Clemens-Sels-Museums, Carl Pause, und der Vermesser Martin Stitz das Gelände des Busbahnhofs: Eine Momentaufnahme aus der Zeit um 1800 zeigt das Areal, auf dem gleich drei Klöster ihren Platz gefunden hatten.
Geschichtsträchtig ist das Gelände, auf dem der Neubau für VHS und Musikschule, das "Romaneum", entstehen wird. Einst stand hier das spätrömische Rasthaus, die Mansio. Und schon im Hochmittelalter gründeten die Zisterzienser eine Dependance des Klosters Kamp. Die Anlage wurde im 15./16. Jahrhundert aufgegeben und verschwand spurlos.
Zu jener Zeit aber war das Gelände an der Stadtmauer auch für andere Orden attraktiv. So siedelten sich die Alexianer, die sich um die Versorgung Kranker und der Bestattung Verstorbener kümmerten, schon Mitte des 15.Jahrhunderts an.
Auch die Regulierherren des Augustiner-Ordens bauten hier ein neues Kloster und eine Kirche. Und schließlich wählten auch die Sepulchrinerinnen diesen Platz für ein neues Kloster samt Kirche. Sie kümmerten sich seit 1654 um die Erziehung von Mädchen. Aus dem Klostergebäude wurde später ein Hospital.
Drei Klöster dicht an dicht, zwischen Stadtmauer und Markt: Was in anderen Städten großes Aufsehen erregen dürfte, muss in der Kloster-Stadt Neuss fast wie Normalität anmuten. Nach Köln war sie die Kommune mit der größten Klosterdichte. Etwa ein Dutzend Anlagen sind kurz vor der Säkularisation durch die Franzosen innerhalb der Stadtmauern nachgewiesen, da zählte die Stadt gerade einmal 6000 Einwohner. Hinzu kamen etliche auch große Komplexe in unmittelbarer Nähe.
Die Franzosen, die die Klöster aufhoben, lieferten dem Rekonstrukteur Martin Stitz die besten Quellen: Auf Plänen der Besatzer sind die Klöster und die oft danach zerstörten Kirchen präzise erfasst. Sie dokumentieren auch diverse Umbauten wie etwa die Einrichtung von Pferde-ställen im Kreuzgang des Alexianer-Klosters, die Einbauten von großen Backöfen, die Brot für Napoleons Armeen lieferten, oder die Kloaken vor der Stadtmauer.
Die Darstellungen, die sich auf zahlreiche Quellen stützen und nach Worten der Macher "kaum Spekulatives" enthalten, verdeutlichen die massive Bebauung an diesem Platz. Auch Stadtarchäologin Sabine Sauer, die auf dem Areal des Busbahnhofs zahlreiche Funde gehoben hat, zeigt sich begeistert: "Hier ist tatsächlich ein Stück Stadtgeschichte wiedererstanden."
Einen Platz soll die Animation mit zahlreichen Ansichten im künftigen "Roma-neum" finden: virtuelle Ansichten am ursprünglichen Standort.