Neuanfang nach Abspaltung in Neuss Grüne im Neusser Rat mit einer neuen Doppelspitze vertreten

Neuss · Nach Abspaltung von vier Stadtverordneten stellt sich die Fraktion neu auf und setzt auf Unerfahrene.

Bettina Weiß wurde stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen.

Foto: Die Grünen Neuss

(nau, schum) Die Neulinge sollen es jetzt richten. Mit Pedro Hernandez-Lopez (42) und Bettina Weiß (59) hat sich die nur noch vierköpfige Grünen-Ratsfraktion eine neue Führung gegeben. Beide waren erst mit der Kommunalwahl im September 2020 in den Rat eingezogen – und Hernandez-Lopez war sogar erst einen Monat vor seiner Nominierung Parteimitglied geworden. „Wir wollten einen echten Neuanfang“, sagt die Grünen-Sprecherin Susanne Benary. Neuer geht kaum.

Die Wahl einer neuen Fraktionsspitze war Schritt eins auf dem Weg zu einer Neuaufstellung, nachdem sich die Hälfte der Ratsfraktion – mit dem Vorsitzenden Michael Klinkicht an der Spitze – vergangene Woche abgespalten und neu formiert hatte. Neuer Name: „FRaktion Jetzt!“. Vorerst neue Geschäftsstelle: Kanalstraße 21, die Kanzlei des Stadtverordneten Dieter Zander.

Susanne Benary – Partei-Vorsitzende, stellvertretende Bürgermeisterin und aktuell Landtagskandidatin – wollte den frei gewordenen Fraktionsvorsitz nicht übernehmen. Neben der Absicht, den Neuanfang deutlich zu dokumentieren, sprach aus ihrer Sicht auch das schlimme Wort Ämterhäufung dagegen. So etwas will sie nicht.

Manfred Haag, der schon im Kreistag Erfahrungen gesammelt hat, wird ebenfalls in der zweiten Reihe bleiben. Das sei keine große Diskussion gewesen, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Weiß. Die Fraktion werde sich aber künftig stärker als Team begreifen und die Aufgaben unter ihren Mitgliedern besser verteilen. Das neue Selbstverständnis bringt die Fraktion auf den Nenner: „Gleichberechtigt, offen, jünger.“

2020 hatte Weiß, Direktkandidatin im Bezirk Neusserfurth, Listenplatz sieben und der neue Vorsitzende Hernandez-Lopez, Direktkandidat im Barbaraviertel, Listenplatz acht bekommen. Trotz eines unter dem Strich – gerade im Vergleich zu anderen Städten – enttäuschenden Wahlergebnis reichte Platz acht noch für ein Ratsmandat.

Hernandez-Lopez wurde in Kultur-, Schul- und Wirtschaftsausschuss entsandt, Weiß kam in die Ausschüsse für Schule, für Sport und für Umwelt. Das werden die Grünen nach der Abspaltung neu zu sortieren suchen, denn zumindest der Fraktionsvorsitzende sollte im Hauptausschuss vertreten sein. Erste Gespräche dazu seien geführt worden, sagt Hernandez-Lopez. Auffällig aus Sicht der „echten“ Grünen ist, dass der Einladung, sich „FRaktion Jetzt!“ anzuschließen, bislang keiner der sachkundigen Bürger gefolgt ist. Erfreulich nennt es Benary vielmehr, dass einzelne Mitglieder, die sich zuletzt aus der Fraktionsarbeit zurückgezogen hatten, wieder in den Aktivenmodus wechseln, darunter Sarah Clemens, Mitglied im Kreisvorstand. Sie erlebte in der alten Fraktion „ein endloses Zerreden mancher Themen, bis man nach stundenlangen Sitzungen nur mürbe abwinken konnte“.

Kündigung für Klinkicht als Geschäftsführer in Dormagen

Die Spaltung der Neusser Grünen hat übrigens auch Auswirkungen in Dormagen: Denn der bisherige Fraktionsvorsitzende in Neuss, Michael Klinkicht, ist Geschäftsführer bei den Dormagener Grünen. Jedoch nicht mehr lange: „Wir haben entschieden, dass wir getrennte Wege gehen und Michael kündigen werden“, sagt Fraktionsvorsitzender Tim Wallraff.

Eine Entscheidung, die schmerzt, wie Wallraff sagt: „Ich bedauere es sehr, dass wir diesen Schritt gehen müssen.“ Klinkicht ist seit 21 Jahren Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen in Dormagen. „Aber wir sehen keine andere Möglichkeit, nachdem er aktiv die Partei verlassen hat.“ Wann Klinkicht de facto aufhört, sei noch unklar,