Further Straße in Neuss Schraubenfabrik ist bald Geschichte

Neuss. · Politiker fürchten, dass auch erhaltenswerte Gebäude abgerissen werden.

Sobald der Abriss der Fabrik- und Verwaltungsgebäude abgeschlossen ist, wird auch die farbenfroh gestaltete Mauer an der Further Straße fallen.

Foto: Helga Bittner

Vier Jahre nach dem Ende der letzten Schicht an der Further Straße beginnt jetzt der Abriss der ehemaligen Schraubenfabrik Bauer und Schaurte. Anders als bislang in allen Gesprächen diskutiert, soll jetzt auch die Fassade des Verwaltungsgebäudes an der Further Straße auf ganzer Länge abgerissen werden.

Der Gestaltungsbeirat des Rates hat dagegen keine Einwände erhoben. Die Aufwertung der Further Straße sei wichtiger als der Erhalt der Fassade, urteilte das Gremium bereits im Mai. Die Düsseldorfer Bema-Gruppe, die auf der Industriebrache ein gemischt genutztes Quartier mit Wohnungen und Gewerbe entwickeln will, hat darauf reagiert. Sie hat Mitte August gegenüber der Stadt angezeigt, die schon erteilte Abbruchgenehmigung für die Gesamtfläche zwischen Further Straße und Weißenberger Weg um diesen Punkt zu erweitern.

Das schürt bei Politikern wie Roland Kehl (Grüne) die Sorge, dass auch andere Gebäude(teile), die als erhaltenswert eingestuft wurden, verschwinden könnten. Dabei geht es um die sogenannte „Kathedrale“, eine 1893 errichteten Halle, sowie eine vor 1905 gebaute Sheddachhalle am Weißenberger Weg einerseits und um das Kesselhaus der Fabrik samt Schornstein andererseits.

„Wir stehen nicht immer daneben, wenn gearbeitet wird“, sagt Planungsdezernent Christoph Hölters, doch die Sorgen kann er der Politik zum Teil nehmen. Weil im Juli der Ratsbeschluss wirksam wurde, der aus dem gesamten Bahnhofsumfeld inklusive Fabrikgelände ein städtebauliches Sanierungsgebiet macht, gilt ein besonderes Planrecht.

„Die Bema muss konkret beantragen, was sie abreißen will, und bekommt auch nur das genehmigt“, sagt er. Ob auch für die Abbruchanzeige der Verwaltungsgebäude, die mit einem Abbruchantrag für die Fabrikteile östlich des Weißenberger Weges eingereicht wurde, eine sanierungsrechtliche Genehmigung erteilt werden kann und muss, wird derzeit geprüft. Eine Entscheidung soll spätestens im November fallen. Dass mit Ausnahme der genannten Gebäude jetzt die ganze Fabrik abgebrochen werden soll, hat nach Angaben von Bema-Geschäftsführer Ralph Schneemann auch mit Kosten zu tun. „Ein unbebautes Grundstück ist preiswerter als ein bebautes“, sagt er mit Hinweis auf die Kosten für Überwachung der leerstehenden Immobilie und Vandalismusschäden. Die Bema will das Gelände aber auch schon für eine Neubebauung herrichten. Er rechne damit, dass der Abbruch und die Dekontamination einiger Altlasten im Boden unter der Fabrik gut neun Monate dauern kann.

Und wenn parallel das Verfahren zur Aufstellung des Beubauungsplanes vorankommt, könnte bis Ende des Jahres 2020 oder Anfang 2021 Baurecht geschaffen werden. Das Bebauungsplanverfahren ist eingebettet in das Städtebauliche Entwicklungskonzept Bahnhofsumfeld (ISEK). Das ist inzwischen so weit gediehen, dass die Stadt Neuss beim Land Nordrhein Westfalen Fördermittel beantragt hat. Eines der Leitprojekte, die seit 2017 mit Bürgerbeteiligung entwickelt wurden, nimmt die Further Straße ins Visier. Sie soll zwischen Zufuhrstraße und Wolberoplatz zu einem attraktiven Stadtraum gemacht werden. Weil dafür mehr Platz benötigt wird als zur Verfügung steht, soll die Bauflucht auf dem Fabrikareal zurückgesetzt werden. Dem steht das Verwaltungsgebäude im Weg.