Ovend-Neuanfang ist gelungen

Ausverkauftes Haus, viele Premieren — die Heimatfreunde haben es geschafft, die Traditionsveranstaltung wiederzubeleben.

Neuss. Der Nüsser Ovend lebt. Und wie. Nach einer Denkpause hat eine Gruppe junger Heimatfreunde das Heft in die Hand genommen und unter dem Dach der Brauchtumsgruppe Karneval im Neusser Heimatverein einen glänzenden Abend auf die Beine gestellt, der nahtlos an erfolgreiche Nüsser Ovende anknüpfte. Mit einer Mischung aus bewährten Elementen früherer Jahre und einem erfrischenden neuen Konzept, das von einem begeisterten Publikum mitgetragen wurde.

Bürgermeister Reiner Breuer

Foto: Woitschützke

„Natürlich hatten wir etwas Bammel vor dieser Aufgabe“, so Jean Heidbüchel, Motor der Neuauflage. „Werden die Neusser unser Vorhaben mit ihrem Besuch unterstützen? Kommen das neue Programm und die Lokalität an? Rechnet sich das finanzielle Abenteuer?“, fragte er sich im Vorfeld. Der Geschäftsführer der Heimatfreunde stand als Präsident des Abends einem jungen Elferrat vor, der zeitweilig mit Frohsinn über die Bühne tobte.

Vieles war Premiere an diesem Abend. Etwa, dass mit Heimatfreundin Anne Holt eine Frau den Start einleitete: Macht doch einfach, hatte sie den Veranstaltern geraten. Und frohlockte: „Der Nüsser Ovend lang vermisst, jetzt wieder auferstanden ist.“

Die Atmosphäre im gemütlich warmen Gare du Neuss war fast schon familiär: ein tolles Bühnenbild mit Neusser Motiven, toll kostümierte Jecken, mit Bürgermeister Reiner Breuer und Gattin als Große Koalition in Schwarz-Rot, seine Stellvertreter, Landrat Hans-Jürgen Petrauschke, CDU-Chef Jörg Geerlings, das Prinzenpaar Dieter IV. Und Heike II., Karnevalspräsident Jakob Beyen und Schützenkönig Georg Martin, um nur einige Namen zu nennen — eine prominente Gästeschar.

Da hatte es der neue Prologius Axel Stucke leicht, beim politischen Rekeln den Bürgermeister direkt anzusprechen, ihn als jungen Heilsbringer zu bezeichnen und gemäß dem Abend-Motto eine Fraktion 2.0 anzuregen. Im Fortlauf des karnevalistisch geprägten Programms zeigte sich, dass die im vergangenen Jahr angesetzte Talentprobe Früchte trug — neue Gesichter wie die „Kölsche Paninis“ als Gewinner des Jury-Preises hatten musikalisch schnell das Eis gebrochen, die „Fidelen Novesier“ als Gewinner des Publikums-Preises taten ihnen das ebenso mitreißend nach. Die „Fetzer“ als musikalischer Höhepunkt des Abends mit Insellied und jeder Menge Rock ’n’ Roll. Nicht wegzudenken vom Winterbrauchtum: DJ Titschy mit seinen Heimatliedern für’s Herz.

Die Talentprobe war auch der Ansporn für einen ersten Auftritt von Christoph Dymek. Er machte in seiner Büttenrede den Lehrer für Geschichte. Was er im wirklichen Leben auch ist. Er erinnerte an Neusser Geschichte und gestand: Als Lehrer hat man vormittags Recht und nachmittags frei. Immer für einen Höhepunkt gut: „Ne Kistedüvel“. Ob Bademeisterin beim Nacktbaden oder ihre „göttliche Zuteilung Häbbert“ mit Schnappatmung — ohne Zugabe durfte das Temperaments-Bündel Thilly Meester die Bühne nicht verlassen.

Hermann-Josef Maassen ist immer noch vom Karnevals-Bazillus infiziert und hatte wie schon zuvor beim Abend „Nüsser för Nüsser“ in seinem ganz anders gedachten Ruhestand einen neuen Chef — seine Frau. Der brillante Reimredner hatte wie auch Büttenredner „Flimmänchen“ vom Saal-Hintergrund mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt.

Das Bundesschützen-Fanfarencorps Düsseldorf-Hamm leitete ein grandioses Finale ein, bei dem die Besucher begeistert mitmachten. Das Fazit des Abend vieler: „Es war ein fantastischer Abend“, so Bürgermeister Breuer, „Ein Kompliment an die junge Garde“, sagte Landrat Petrauschke. Und Heimatfreunde-Ehrenpräsident Gerd Harbaum ist stolz, dass die Gruppe um Jean Heidbüchel die Initiative für eine erfolgreiche Neuauflage des Nüsser Ovends auf den Weg gebracht hat.