Politiker üben Kritik am Bürgeramt

BIG und UWG fordern eine Neustrukturierung. Kritisiert werden lange Wartezeiten und zu wenig Personal.

Foto: Woi

Neuss. Der Zustand sei „nicht mehr hinnehmbar und traurig für diese schöne Stadt“, heißt es in dem zweiseitigen Schreiben, das die „Unabhängige Wählergemeinschaft“ (UWG) und das „Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“ (BIG) jetzt an Bürgermeister Reiner Breuer adressierten. In dem Brief beantragt die aus den beiden Parteien bestehende Stadtratsfraktion eine Umstrukturierung des Neusser Bürgeramtes, weil dort chaotische Zustände herrschten.

Carsten Thiel und Deniz Davarci in ihrem Schreiben

„Wer eine Wartenummer zieht, bekommt einen Schrecken, denn es sind um die 60 Bürger vor einem dran“, heißt es in dem Schreiben, das vom Fraktionsvorsitzenden Carsten Thiel und seinem Stellvertreter Deniz Davarci unterschrieben wurde. Das Amt sei die erste Anlaufstelle für die Neusser Bürger in Amtsfragen, die insgesamt rund 20 Themenbereiche umfassen. Dies seien bei einer Stadt mit mehr als 150 000 Einwohnern auf den ersten wie auf den zweiten Blick viele Aufgaben. Als Folge dieser „stundenlangen Wartezeiten“ herrsche nach einiger Zeit Aggressivität unter den Bürgern. „Es werden immer mehr Mitarbeiter eingestellt, aber an der Front beim Bürger ist das Personal unterbesetzt“, schreiben Thiel und Davarci, die Reiner Breuer darum gebeten haben, ihren Antrag für die nächste Ratssitzung am Freitag, 1. Juli, auf die Tagesordnung zu setzen.

Wolfgang Reith würde sich über eine Umstrukturierung ebenfalls freuen. Auch er hat sich mit einem Schreiben an Breuer gewandt. Der Neusser nennt auch das Handyverbot, das von zahlreichen Bürgern missachtet werde, als Problemfeld. „Überall im Raum hängen große und kleine Schilder mit dem Symbol ,Handy-Verbot’, selbst an jedem der 14 Arbeitsplätze. Doch viele scheint das überhaupt nicht zu stören — es wird getippt und telefoniert“, sagt der Neusser.

In der Antwort der Stadt, die im Auftrag des Bürgermeisters verfasst wurde, heißt es, dass alle Personen, die trotz des Verbots im Bürgeramt telefonieren, gebeten werden, das Telefonieren einzustellen oder vor der Tür fortzusetzen. Manche Reaktionen der Bürger fielen jedoch „unwirsch“ aus. Es könne also „verständlicherweise vorkommen“, dass Mitarbeiter sich scheuten, das Verbot anzusprechen.

Der zuständige Dezernent Ralf Hörsken kündigt Veränderungen an. Es gebe bereits fertige Pläne für einen Umbau, der vorsieht, die Wartezone aus dem Bürgeramt herauszunehmen, um das Personenaufkommen — viele Bürger kämen in Begleitung ihrer Familie — zu reduzieren und im Amt nur noch die jeweiligen Bearbeitungen vorzunehmen. Der Umbau soll im zweiten Halbjahr dieses Jahres erfolgen.

Zudem soll die Infotheke wieder in Betrieb genommen und es sollen „Schnellarbeitsplätze“ für kurze Anliegen installiert werden. „Die erste Anlaufstelle ist dann nicht mehr im Bürgeramt, sondern in der Wartezone“, sagt Hörsken. So könnten Bürger, die kein klassisches Verwaltungsanliegen haben, schneller bedient werden. Angesprochen auf die geforderte Personalaufstockung betont Hörsken, dass das Bürgeramt erst vor wenigen Woche eine neue Leiterin bekommen habe, die an der Reorganisation arbeite. Zudem seien drei weitere Mitarbeiter eingestellt worden, deren Einarbeitungszeit erst im Juli ende. Eine Spezialisierung der Mitarbeiter würde für Hörsken keinen Sinn ergeben. „Sie wissen ja erst, was der Bürger möchte, wenn er vor ihnen sitzt.“