Viele Kaarster wollen helfen
Zwischen 300 und 500 Menschen lassen sich jährlich über die Freiwilligenzentrale in ein Ehrenamt vermitteln. Günter Grobert leitet beispielsweise einen Chor bei den Gemeinnützigen Werkstätten Neuss.
Kaarst. Mittwochvormittag zur Marktzeit sitzt Günter Grobert (69) zunächst einsam im Atrium des Rathauses und blättert in Prospekten. Seit vier Jahren gehört er zum Team der Freiwilligenzentrale, die ehrenamtliches Engagement in Neuss und seit 2007 auch in Kaarst vermittelt. Grobert ist an diesem Morgen der Ansprechpartner während der offenen Sprechstunden, die monatlich am zweiten Mittwoch und vierten Donnerstag stattfinden.
„Lassen Sie sich vom geringen Ansturm nicht täuschen“, erklärt er und rechnet vor: „Pro Sprechstunde vermitteln wir ein bis drei Ehrenamtler. Wenn Sie das aufs Jahr hochrechnen, kommen Sie auf 300 bis 500 Menschen.“ Zu den Terminen kämen sowieso meistens nur zwei bis drei Interessierte, sagt der ehemalige Regierungsdirektor, der sich selbst als „Altrocker“ bezeichnet und damit das Fahren einer Harley und das Spielen in einer Band meint. Die Sprechstunden sind so gelegt, dass alle Bevölkerungsgruppen abgedeckt werden: „Mittwochs kommen viele Rentner und Hausfrauen, donnerstags die Berufstätigen“, sagt Grobert.
Auffällig sei, dass sich generell vor allem relativ junge oder ältere Menschen ehrenamtlich betätigen wollen. „Wir vermitteln sie an die Institutionen vor Ort wie Altenheime und Jugendeinrichtungen, haben aber auch Hausaufgabenhilfe, Lesepartner oder den Tuppenhof im Angebot“, berichtet er. Die Flüchtlingswelle habe zunächst viele Ehrenamtler angezogen, das habe sich aber inzwischen normalisiert, und der Einsatz verteile sich gleichmäßig auf viele Gebiete. Grundsätzlich gelte: Je mehr Werbung gemacht werde, desto mehr Menschen kommen auch zu den Sprechstunden.
Das ehrenamtliche Engagement in Kaarst stuft Grobert als sehr gut ein. An diesem Morgen informiert sich Peter Eisenträger (71), bisher nicht ehrenamtlich tätig, über eine Einsatzmöglichkeit: „Ich möchte etwas mit Kindern machen und pro Woche ein bis drei Stunden Zeit investieren“, erklärt der dreifache Vater und ehemalige Industriekaufmann. Eine Begleitung über einen längeren Zeitraum fände er persönlich am schönsten. Er blättert im Ordner und ist erstaunt über die vielen Angebote: „Was man alles machen kann, war mir vorher nicht bekannt“, sagt er. Ihn sprechen vor allem Hausaufgabenbetreuung, Computerkurse für Kinder und die Übernahme einer Lesepartnerschaft an.
Günter Grobert versucht während eines Gesprächs, das Passende für ihn zu finden. Zum Beispiel muss die Entfernung zwischen Einsatzort und Zuhause zu bewältigen sein. Wenn Eisenträger sich für etwas entschieden hat, kann er entweder selbst Kontakt aufnehmen, oder Grobert erledigt das für ihn. „Nach sechs Wochen frage ich bei der Einrichtung dann noch mal nach, wie es so läuft“, sagt er.
Grobert selbst ist das beste Beispiel, wie vielfältig man sich engagieren kann: Bei den Gemeinnützigen Werkstätten Neuss (GWN) leitet er wöchentlich einen Chor für Menschen mit Behinderungen. „Im Rahmen der arbeitsbegleitenden Förderung habe ich mit 25 Sängern angefangen, später wurden es 60“, erzählt er. Der Chor nennt sich „Singen aus voller Brust“, und zum Repertoire gehören Volkslieder.