Erfolgsduo im Dressurviereck
Julia Hahn (15) ist für den EN-Sportpreis nominiert und mischt mit ihrem Pferd Rayman die Dressur-Szene auf.
Sprockhövel. Als EN-Sportlerin des Jahres in der Altersklasse U18 ist Julia Hahn nominiert. „Ich war völlig überrascht, als ich in der Schule plötzlich von meiner Freundin beglückwünscht wurde. Sie hatte davon in der Zeitung gelesen und meinte, ich sei jetzt ein bisschen berühmt“, lacht die 15-Jährige etwas verlegen.
Bis unter die Top-Drei ihrer Kategorie hat sie es durch die Nominierung schon geschafft. Allein das ein toller Erfolg für die Dressurreiterin. Die Auszeichnung wird zwar an Einzelsportler vergeben, doch sollte die Haßlinghauserin gewinnen, wäre das gleichzeitig der Erfolg eines kleinen Familienunternehmens. „Ohne meine Eltern ginge das alles überhaupt nicht“, weiß die Gymnasiastin.
Angefangen hatte Julias Pferdebegeisterung noch ganz harmlos. Nämlich als ihre Tante Andrea Büser eine Gesellschaft für ihr eigenes Dressurpferd Develino anschaffte. Das Shetland-Pony Grisu wurde Julias erste große Leidenschaft. „Die Sache mit der Reiterei wuchs dann immer weiter“, erinnert sich Julia. Mit sieben Jahren machte sie den ersten Dressurkurs im Hiddinghauser Reitverein „Auf der Gethe“.
Auf den Schulpferden der Familie Dölger sammelte sie Erfahrungen. Julia verbrachte jede freie Minute im Reitstall, machte Kurse und sammelte Reitabzeichen in Serie. Als ihre Tante vor fünf Jahren wegen Rückenproblemen aufs Reiten verzichten musste, schlug Julias große Stunde. Erstmals durfte sie Develino reiten. „Ein unbeschreiblich tolles Gefühl“, erinnert sie sich.
Der Oldenburger Wallach und die Zehnjährige sind ein echtes Traumpaar im Dressurviereck. 2008 gewannen sie die Nachwuchsschärpe des EN-Kreises. Der erste große Auftritt dann 2009: Bei den deutschen Jugendmeisterschaften in München-Riem ritten Julia und Develino auf Platz drei. Ein sensationelles Ergebnis der damals Zwölfjährigen, schließlich waren viele Konkurrentinnen vier Jahre älter.
Auch Julias Eltern ist der Wettkampf in bleibender Erinnerung. Familie Hahn hatte mit ihrem alten Pferdeanhänger einen gewissen Exotenstatus im Feld der Profiställe, deren Nachwuchsreiter sich beim Einreiten über Headsets von ihren Trainern coachen ließen. Umso breiter war das Grinsen auf den Gesichtern der Haßlinghauser, als sie sich mit Platz drei im Gepäck und einer Schleife am Rückspiegel (ist so Sitte unter Reitern nach einem erfolgreichem Wettkampf) auf die Heimreise machten.
Weitere Erfolge ließen nicht lange auf sich warten: 2010 Westfalenmeister, 2011 bei den deutschen Jugendmeisterschaften Platz zwei. Es war Develinos letzter großer Auftritt. Mit 17 Jahren ist er in Ruhestand gegangen. Julias neuer Spannmann heißt Rayman, ein vierjähriger Rheinländer.
„Als ich ihn zum ersten Mal sah, war ich skeptisch, aber als ich dann auf ihm saß, spürte ich in seinem Rücken jeden einzelnen Muskel und wusste, dass wir optimal zusammen passen. Das hatte ich selbst bei Develino nicht so intensiv“, erzählt die Schülerin. Um mit Rayman das gleiche Niveau wie mit Develino zu erreichen, wird es noch einige Zeit dauern. Die Ausbildung von Dressurpferden ist ein langer Prozess.
Von ihren Eltern bekommt Julia bei ihrem nicht ganz preiswerten Hobby volle Rückendeckung. Vater Jens hat gerade einen neuen Reitplatz angelegt und hat auch Spaß dabei, zu sehen, wie sich seine Tochter und ihr Pferd weiterentwickeln. „Da investiert man gern in Futter, Schmied, Zahnarzt und Hänger“, lacht er.
„Aber ich habe ihr gesagt: Sollte ich irgendwann merken, dass sie eine arrogante Ziege wird wie manche anderen Reiterinnen, dann ist die Sache sofort vorbei“, schiebt Mutter Bettina eher im Scherz hinterher. Denn Anzeichen dafür, dass Julia die Bodenhaftung verliert gibt es bislang keine — daran kann auch ein möglicher Sieg beim EN-Sportpreis nichts ändern.