„Ich war nicht mehr Herr der Lage“

Gewerbsmäßiger Betrug: Sprockhöveler (24) zeigt sich vor Gericht reumütig.

Foto: Daniel Reinhardt

Sprockhövel. Dass man als unerfahrener Jungunternehmer nur zu leicht übers Ziel hinausschießen kann, zeigte sich am Mittwoch im Hattinger Amtsgericht. Dort saß ein 24-jähriger Sprockhöveler auf der Anklagebank und sah sich dem Vorwurf des gewerbsmäßigen Betrugs ausgesetzt. Dem jungen Mann war seine Haßlinghauser Eventagentur schlichtweg über den Kopf gewachsen, was 2015 in einer Vielzahl an Betrugsanzeigen mündete. Sechs davon landeten nun zu einem Verfahren zusammengezogen auf dem Gerichtspult und warfen dem Mann Lizenzbetrug, fingierte Zahlungseingänge und nicht bezahlte Rechnungen vor.

Allein die ignorierten Forderungen belaufen sich auf rund 12 000 Euro und präsentieren sich in einer enormen Bandbreite von 60 Euro für Flyerverteilungen, Hotelrechnungen über 510 Euro, einer Verstärkeranlage über 1800 Euro bis hin zu Videodokumentationen im Wert von insgesamt 8700 Euro.

Nachdem sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zunächst zu einem juristischen Gespräch zurückzogen und mit der Verständigung zurückkehrten, sich im Falle eines Geständnisses mit einer Bewährungsstrafe von unter einem Jahr zu begnügen, machte der Angeklagte reinen Tisch. „Das trifft alles zu. Ich war nicht mehr Herr der Lage und mit der Situation irgendwann überfordert“, gab der Haßlinghauser zu Protokoll. So sei im Laufe des Jahres 2015 schließlich „alles aus dem Ruder gelaufen“, indem in Folge „viel zu vieler Aufträge“ immer mehr Dinge liegengeblieben und Briefe nicht mehr geöffnet worden seien. Stattdessen habe er sich nur noch auf seinen direkten Arbeitsbereich des Marketings konzentriert, beteuerte der Angeklagte. Nach drei abgesagten Großveranstaltungen mit jeweils mehreren tausend Besuchern zog der damals 22-Jährige im November 2015 die Reißleine und meldete Insolvenz an.

Begonnen hatte die frühe Selbstständigkeit bereits mit 16 Jahren und katapultierte ihn von der Organisation der eigenen Oberstufenparty innerhalb weniger Jahre in die Verantwortung großer Events wie „Farbgefühle“ oder „Einslive-Chartshow“. Inzwischen hat er eine neue, deutlich kleinere Selbstständigkeit im Marketingwesen begonnen und muss nun monatlich 550 Euro an den Insolvenzverwalter abtreten. Die juristische Verständigung auf eine elfmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung geht mit einer dreimonatigen Bewährungszeit und einer Arbeitsauflage von 200 Sozialstunden einher. cw