Wohnungen und Häuser zum Verkauf werden Mangelware Immobilienpreise im EN-Kreis steigen auch im ersten Halbjahr 2021 an
EN-Kreis · Der Grund für die höhere Nachfrage ist ein niedriger Zinssatz, so Experten des Gutachterausschusses. Eigentumswohnung beispielsweise sind um 14 Prozent teurer.
Im ersten Halbjahr sind die Preise für Wohneigentum im Ennepe-Ruhr-Kreis im Vergleich zu den Vorjahreswerten erneut gestiegen. Entsprechende Zahlen legte jetzt die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis vor. Grundlage der Angaben sind ausgewertete Kaufverträge aus allen neun Städten des EN-Kreises. Für die einzelnen Städte wird dieser Durchschnitt nicht ermittelt.
Ein Grund für steigende Preise ist laut Bericht der weiterhin niedrige Zinssatz. Stephan Cummerwie, Leiter und stellvertretender Vorsitzender des Gutachterausschusses, erklärt dies der WZ anhand eines Beispiels. Wenn ein Reihenhäuschen im Jahr 2010 noch 200 000 Euro gekostet hat, musste der Käufer ein Darlehen aufnehmen mit einem Zinssatz in Höhe von rund 4,5 Prozent (zuzüglich drei Prozent Tilgung). Die monatliche Belastung liege bei einer Laufzeit von 25 bis 30 Jahren dann bei rund 1250 Euro. Das gleiche Häuschen kostet zehn Jahre später nun 350 000 Euro. Dennoch liegt die monatliche Belastung für den Käufer bei rund 1160 Euro pro Monat, weil der Zinssatz lediglich ein Prozent beträgt (und nicht mehr 4,5 Prozent wie vorher), in manchen Fällen sei er sogar noch niedriger. „Selbst bei einer starken Verteuerung liegt eine ähnliche monatliche Belastung vor“, so Cummerwie. Durch die niedrigen Zinsen gebe es auch mehr Käufer, die auf den Markt drängen, weil sie sich so eine Immobilie leisten können, das Angebot an Häusern und Wohnungen aber bleibe gleich. Die Folge ist ein Verdrängungswettbewerb, erklärt der Experte. Leute ziehen in nächstgelegene Städte, wo sie sich Eigentum noch leisten können, und nehmen dann dafür längere Pendlerwege in Kauf. Beispielsweise schauten sich Menschen aus Düsseldorf den Immobilienmarkt in Wuppertal an, die Wuppertaler liebäugelten mit dem EN-Kreis. „Und irgendwann ist man dann im tiefen Sauerland“, so Cummerwie nicht ganz ernst gemeint. Dem Problem könne man nur begegnen, indem mehr gebaut werde.
Für freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser meldet die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von sieben Prozent, bei Doppel- und Reihenhäuser liegt das Plus bei zehn Prozent, für Eigentumswohnungen bei 14 Prozent. Corona habe zu keinen Preissenkungen geführt, sondern im Gegenteil: Die Preise seien für Eigentumswohnungen und Häuser noch weiter gestiegen, weiß Cummerwie.
Kaufen ist teilweise
günstiger als mieten
Schon vor einigen Monaten erklärte der Leiter Immobilien bei der Volksbank Sprockhövel, dass in allen Bereichen des Immobilienmarktes eine gesteigerte Nachfrage herrsche, egal, ob in verkehrsgünstigen Lagen oder eher ländlichen Gebieten. Der Erwerb von Immobilien sei durch „historisch niedrige Darlehenszinsen“ lukrativer geworden, zum Teil sei ein Kauf heutzutage gar günstiger als eine Miete.
Häufig seien Kunden auch bereit, mehr zu bezahlen, um eine Immobilie zu kaufen, weiß Immobilienmakler Ralf Fischer aus Witten. „Das Angebot ist jedoch sehr dürftig“, sagt er bezogen auf den EN-Kreis. Dasselbe höre er von anderen Kollegen. Selbst bei Objektkosten von über einer Million Euro gebe es wenig Auswahl. „Das Problem ist den Kunden bekannt, sie sehen es auch überall, und sind darüber nicht erfreut“, so Fischer. „Man kann letztlich nur darauf hoffen, dass es besser wird.“
Die Wittener Immobilienmaklerin Bettina Hartmann kann Ähnliches berichten. „Der Wettbewerb unter den Käufern ist relativ groß“, sagt sie. Erst vergangene Woche habe sie eine Eigentumswohnung im Angebot gehabt, die mehrere Käufer vom Fleck weg erstehen wollten, und die auch keine Finanzierung benötigten. Generell werde der Preis im Moment wenig nachverhandelt, sondern die Summe gezahlt, die im Exposé angegeben ist. „Die Leute sind froh, wenn sie überhaupt ein Objekt angeboten bekommen.“
Wie deutlich sich die Preise im EN-Kreis innerhalb kürzester Zeit nach oben entwickeln, zeigt zudem der Vergleich zu den Entwicklungen in den ersten Halbjahren 2019 und 2020. Hier waren die Preise für freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser um durchschnittlich knapp fünf Prozent gestiegen, für die übrigen Objekte um drei bis vier Prozent.