Fußball Kunstrasen: Vereine sehen sich nicht unter Zugzwang
Sprockhövel. · In der Diskussion um die neuen Richtlinien für die Beläge hoffen TSG & Co., nicht handeln zu müssen.
Man stelle sich vor, plötzlich darf auf den Fußballplätzen Sprockhövels nicht mehr gekickt werden und diese schließen. Kaum denkbar? Nach einer Ankündigung der Europäische Union vor rund einer Woche droht den Clubs TSG Sprockhövel, SC Obersprockhövel (SCO), FV Hiddinghausen (FVH), TuS Haßlinghausen und VfL Gennebreck genau dieses Szenario. Demnach soll ab 2022 eine Richtlinie zur Vermeidung von Mikroplastik in Kraft treten und die Nutzung von Kunstrasenplätzen ohne jeglichen Bestandschutz oder Übergangzeiten verboten werden können.
Mit der Veröffentlichung einer Studie des Fraunhoferinstituts „Umsicht“ haben die EU-Politiker nicht nur die Verantwortlichen der Sprockhöveler Vereine, sondern den gesamten Amateurfußball aufgeschreckt. Schließlich gibt es bundesweit wohl über 5000 Kunstrasenplätze, die von solch einem Verbot betroffen wären.
Lieber beim Umweltschutz
mit dem Flugverkehr anfangen
„Die sind doch schon wieder zurückgerudert, und behaupten, dass nicht gesagt worden wäre, dass die Folge sofort ein Verbot sei“, spricht Detlef Westerhoff, Vorsitzender des SCO, von einer nicht zu Ende gedachten Veröffentlichung der EU-Verantwortlichen.
„Natürlich müssen wir alle was machen, wenn es um die Umwelt geht. Aber bevor sie mit solchen Maßnahmen drohen – was immerhin für einige Vereine das Ende bedeuten würde – sollten sie beispielsweise mal beim Flugverkehr anfangen“, sagt Westerhoff und betont, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.
Schließlich glaubt der Chef des Landesliga-Klubs, den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und die Stadt auf seiner Seite zu haben. „Die werden sich dafür schon einsetzen“, glaubt Westerhoff nicht, dass 2022 eine große Änderung kommt.
Auch Hiddinghausens Präsident Magnus Braam blickt den Diskussionen mit stoischer Ruhe entgegen. „Eine ähnliche Diskussion wurde schon vor eineinhalb Jahren geführt. Das verlief am Ende auch im Sande. Daher warten wir jetzt genauso ab und schauen, was passiert“, sagt Braam. Er sei schon von Mitgliedern angesprochen worden. Allerdings galt die Sorge weniger der drohenden Gesundheit als mehr der drohenden Platzsperrung des Aufsteigers in die Kreisliga A.
Für Jürgen Meister von der TSG wird die Diskussion, in die sich ja sogar Innenmister Horst Seehofer – in seiner kaum bekannten Funktion als Sportminister – einschaltete, sehr missverständlich geführt. „Wenn dieses Granulat denn so schädlich wäre und ins Grundwasser käme, dann dürfte es doch nicht erst 2022 verboten, geschweige denn mit Übergangszeiten bedacht werden. Dann müsse es doch sofort verboten werden“, spricht Meister davon, dass doch keiner sein Kind solcher Gefahr aussetzen wolle.
Er selbst habe unter der Woche bei dem Hersteller des Kunstrasenplatzes des Baumhof-Stadions angerufen. Dieser habe ihm noch einmal versichert, dass der auf dem Platz des Oberligisten verlegten Kunstrasen nicht zu den in der EU-Studie genannten Sorten gehört.
„Daher haben wir uns vor zwei Jahren bei der Erneuerung des Platzes für den teureren Belag entschieden“, sagt Jürgen Meister, der aber auch die Frage in den Raum wirft, wo und wie die empfohlene Korkvariante, die in den Belag gestreut wird, hergestellt werde.
ZGS-Leiter Ralph Holtze sieht ebenfalls von Aktionismus ab. „Wir warten im Moment ab, wie sich das Ganze entwickelt und was vom Gesetzgeber von uns verlangt wird“, sagt Holtze, der allerdings bei einer Vorgabe des Gesetzgebers diesen auch in der Verantwortung sieht. Dann erwartet er von der Kommune Unterstützung und Fördermittel.