Protest gegen Bundespolitik: CDU-Ratsfrau tritt zurück
Helga Wieland-Polonyi verlässt nach mehr als 40 Jahren Mitgliedschaft die CDU. Ihre Parteikollegen reagieren mit Erstaunen.
Sprockhövel. Irritiert und erstaunt reagieren die Parteikollegen von Helga Wieland-Polonyi auf die Nachricht, dass die Politikerin zum 1. Januar 2014 aus der CDU austritt und auch ihr Ratsmandat niederlegt. Weder Fraktionsvorstand Torsten Schulte noch Stadtverbandsvorsitzender Udo Andre Schäfer sind am Neujahrstag über den Rücktritt informiert — Helga Wieland-Polonyi hatte ihre Kollegen per Brief informiert, der am Feiertag seine Empfänger jedoch noch nicht erreicht hatte.
Wobei die Situation auf lokaler Ebene keine Rolle für ihren Rückzug gespielt habe, betont Helga Wieland-Polonyi im Gespräch mit der WZ: „Ich bin mit der Politik auf Bundesebene nicht mehr zufrieden.“
Vieles sei im Laufe der vergangenen Jahre passiert, das sie nicht mehr mittragen wolle. So habe sich die Politikerin bereits vor längerer Zeit auf dem Kreisparteitag dagegen ausgesprochen, dass Deutschland in einer Diktatur wie Weißrussland bei der Ausbildung der Polizei helfe. „Das wird dann vielleicht dazu benutzt, Andersdenkende zu unterdrücken.“
Vor einem halben Jahr habe sie zudem erfahren, dass aus Deutschland Waffen in das Bürgerkriegsland Indonesien geliefert worden seien. Auch mit dem Umgang mit Edward Snowden ist Helga Wieland-Polonyi unzufrieden. „Wir haben ihm sehr viel zu verdanken — dass er kein Asyl bekam und das Land nicht einmal überfliegen durfte, ist auch aus christlicher Sicht nicht zu verstehen.“
Überhaupt vermisst sie in der Politik der CDU manchmal christliche Einflüsse. So findet sie die Idee gut, Familien mit dem dritten Kind Steuerfreiheit zu gewähren.
Nach langem Überlegen entschied sich die 56-Jährige deshalb, nach mehr als 40 Jahren ihr Parteibuch zurückzugeben. Im Rat scheidet sie dadurch in ihrer zweiten Legislaturperiode ein halbes Jahr vor deren Ende aus. Nachrücker wird nach der CDU-Liste Stephan Ligensa. Er muss allerdings erst einmal formal benannt werden.
Am Jugendhilfeausschuss konnte Helga Wieland-Polonyi schon seit Herbst nicht mehr teilnehmen, weil sie beruflich verhindert war. Auch in der letzten Sitzung des Ausschusses für Anregungen und Beschwerden nahm sie nicht teil. Jetzt will sich die CDU-Politikerin erst einmal Ruhe gönnen.
„Uns hat der Rücktritt sehr überrascht“, sagt Fraktionsvorstand Torsten Schulte. „Aus meiner Sicht bedauere ich diesen Schritt, denn wir sind ein Team.“ Zwar habe Helga Wieland-Polonyi schon Anfang 2013 mitgeteilt, dass sie für die nächste Kommunalwahl nicht mehr kandidieren wolle. Ihren Bezirk übernimmt deshalb Stephan Ligensa.
Doch dieser völlige Rücktritt aus der Politik sei nicht vorherzusehen gewesen. „Sie hat sehr gute Arbeit im Jugendhilfeausschuss geleistet und viele Initiativen gestartet.“ Auch Stadtverbandsvorsitzender Udo Andre Schäfer bedauert den Schritt. „Sie hat sich immer bemüht, für die CDU einzutreten.“
Er wartet jetzt erst einmal auf die offizielle Kündigung.