Stadtrat besetzt Ausschüsse neu
Stadt reagiert auf Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg. Fraktion MIS/Piraten hatte Erfolg mit Klage.
Sprockhövel. Seit knapp einem Jahr hat sich der Stadtrat in Sprockhövel mit der möglichen Auflösung und Neubesetzung der Ausschüsse der Stadt beschäftigen müssen. Gestern Abend gab es sogar eine Sitzung des Stadtrates, auf dem ausschließlich dieses Thema auf der Tagesordnung stand. Grund ist eine einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts Arnsberg von Anfang Mai, die die Stadt zu einem solchen Schritt auffordert. Betroffen von der Auflösung und Neugründung sind insgesamt acht Ausschüsse mit jeweils 13 stimmberechtigten Mitgliedern — darunter der Haupt- und Finanzausschuss, der Ausschuss für Kultur, Sport und Freizeit sowie der Ausschuss für Umwelt, Verkehr, öffentliche Sicherheit und Ordnung.
Grund für die Neugründung der Ausschüsse ist der Wechsel des Stadtrates Holger Krefting von der Wählergemeinschaft WfS (Wir für Sprockhövel) zu den Piraten. Gemeinsam mit dem bisherigen Piraten-Abgeordneten Martin Debold bildet er seit vergangenem Sommer eine Fraktion, die unter dem Namen MiS/Piraten auftritt — MiS ist die Abkürzung für „Miteinander in Sprockhövel“. Zudem hatte die neue Mini-Fraktion unter Führung des „Ur-Piraten“ Debold auf eine Neubesetzung der Ausschüsse und ein Stimmrecht seiner Fraktion in den Gremien gedrungen. In der Folge würde die letzte WfS-Vertreterin Helga Wieland-Polonyi im Stadtrat ihr Stimmrecht in den Ausschüssen verlieren.
Mit dem Thema hatten sich Politik und Verwaltung mehrfach befasst. Da die Frage der Repräsentation der Ratsfraktionen in den Ausschüssen (Fachbegriff: Spiegelbildlichkeitsprinzip) betroffen war, hatte die Stadtverwaltung vorsorglich sowohl Empfehlungen der Kommunalaufsicht in der Kreisverwaltung wie auch des Städte- und Gemeindebundes NRW eingeholt.
Sowohl der Städte- und Gemeindebund als auch die Kommunalaufsicht sahen keine Notwendigkeit für eine Neubildung der Ausschüsse. Der Wechsel eines Abgeordneten von „einer Kleinstfraktion zu einer anderen“ verändere die politischen Kräfteverhältnisse im Rat nicht so stark, dass auch die Ausschüsse neu gebildet werden müssten, erklärte die Kommunalaufsicht. Zudem nehme Holger Krefting ja bereits Mitgliedschaften in den Ausschüssen der Stadt Sprockhövel wahr. Diese könne er behalten und für die neue Fraktion in Anspruch nehmen. Auch der Städte- und Gemeindebund NRW erklärte, dass „große Verschiebungen bezüglich der Spiegelbildlichkeit zwischen Rat und Ausschüssen“ nicht zu erwarten seien.
Allerdings räumte die Kommunalaufsicht auch ein, dass die Neubesetzung der Ausschüsse im Ermessen des Stadtrates liege. Die Stadtverwaltung hatte sich in einer Stellungnahme für eine „zeitnahe Neubildung der Ausschüsse“ ausgesprochen. Aufgrund der Einschätzungen von Kommunalaufsicht und des kommunalen Spitzenverband entschieden die Stadträte im vergangenen Herbst dann aber gegen eine Neubesetzung der Ausschüsse.
Dagegen hatte die MiS-/Piraten-Fraktion vor dem Verwaltungsgericht geklagt — und nun Recht bekommen. Nach Ansicht des Gerichts muss „grundsätzlich jeder Gemeindeausschuss ein verkleinertes Bild des Plenums der Gemeindevertretung sein“. Die Ausschüsse dürften „nicht unabhängig von dem Stärkeverhältnis der Fraktionen besetzt sein“. Der sogenannte Spiegelbildlichkeitsgrundsatz habe zur Konsequenz, dass Veränderungen in der Zusammensetzung des Gemeinderates durch „eine Anpassung der Ausschusszusammensetzungen nachvollzogen werden“ müssten.
Bei dem Beschluss des Verwaltungsgerichts handelt es sich um eine einstweilige Anordnung, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus. Falls aber die Kommune schon vor diesem Termin reagiert — was der Stadtrat gestern tat — könne der Termin im Hauptsacheverfahren aber auch entfallen, sagte Gerichtssprecherin Silke Camen.
Der Fraktionsvorsitzende Debold zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung des Gerichts. Gerade in den Ausschüssen mit 13 Mitgliedern könne die eine Stimme der MiS-/Piraten-Fraktion entscheidend für die Mehrheit in die eine oder andere Richtung sein, erklärte er. Das Verhalten des Stadtrates in der Frage des Neugründung der Ausschüsse sei „inakzeptabel“ gewesen.