Bildung Studie: Lehrkräfte fühlen sich deutlich fitter als gedacht

Düsseldorf · Üppige Ferien, früher Feierabend, aber ständiges Lamento - von diesem Image werden Lehrkräfte oft verfolgt. Eine Befragung für die GEW zeichnet ein ganz anderes Bild. Das sind die Ergebnisse.

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Lehrkräfte und pädagogisches Personal an den Schulen Nordrhein-Westfalens schätzen sich laut einer Befragung für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) als ziemlich krisenfest ein. Trotz der vielfältigen Herausforderungen sei ihre psychische Gesundheit „besser als erwartet“, geht aus einer in Düsseldorf vorgestellten Studie hervor.

Am glücklichsten sind die Schulleiter

Obwohl viele Beschäftigte Zufriedenheit und Glück aus ihrer Arbeit zögen, seien die Belastungen dennoch hoch und emotionale Erschöpfung ein weit verbreitetes Problem, sagte die GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik. Durchweg glücklicher, zufriedener und emotional weniger erschöpft als der Durchschnitt ihres Kollegiums sind der Erhebung zufolge Schulleiter. Sie fühlen sich am ehesten gewappnet, schwierige Situationen mit eigenen Fähigkeiten meistern zu können. Ein weiterer Befund: Lehrkräfte an Förderschulen sind zufriedener und glücklicher als ihre Kollegen an anderen Schulformen.

Die GEW fordert, die Gesundheitskompetenz in Führungspositionen gezielt zu stärken und die Kollegien vor allem von Bürokratie zu entlasten. Schulen in schwierigen sozialen Lagen benötigten noch mehr Unterstützung. Die Befragung habe gezeigt, dass die mangelhaften Ressourcen zur Förderung herausfordernder Schüler neben ständig neuen bildungspolitischen und administrativen Anforderungen die Zufriedenheit mit der Arbeit trüben.

Von wegen süßes Lehrer-Leben

Die Studie widerlege aber klar die gängigen Vorurteile, stellte Çelik fest: „Viele Ferien, um ein Uhr Feierabend, aber trotzdem jammern - solche Klischees über Lehrkräfte halten sich hartnäckig, auch wenn sie damals wie heute ­nicht der gelebten Wirklichkeit entsprechen.“ Tatsächlich seien die Lehrkräfte in NRW hoch motiviert, arbeiteten gerne und zeigten eine bemerkenswerte Resilienz.

„Kurzum: Wir haben die richtigen Menschen im System, doch das System selbst braucht dringend Verbesserungen“, bilanzierte die Gewerkschafterin. Die SPD-Opposition zog gar den Schluss: „Die Lehrkräfte an unseren Schulen sind die wahren Helden unseres Bildungssystems.“

Der erstmals in dieser Form für die GEW erhobene „NRW-Frühjahrsreport 2025“ basiert den Angaben zufolge auf der Befragung von mehr als 6.000 Lehr- sowie pädagogischen Kräften quer durch alle Schulformen. Die Stichprobe erlaube repräsentative Aussagen, sagte der beteiligte Osnabrücker Erziehungswissenschaftler Christian Reintjes. Zum Schuljahr 2023/24 waren insgesamt knapp 217.000 Lehrkräfte an rund 5.500 Schulen in NRW beschäftigt.

Weitere zentrale Ergebnisse der Erhebung:

  • Entlastungsstunden sind ein entscheidender Faktor für das Wohlbefinden von Lehrkräften mit Sonderaufgaben.
  • Abordnungen von Lehrkräften schmälern zwar die Identifikation mit dem Arbeitsplatz, schränken das Wohlbefinden jedoch kaum ein. „Lehrkräfte in Abordnung unterscheiden sich kaum mit Blick auf ihre psychische Gesundheit von den Lehrkräften insgesamt“, heißt es im Report. Erwartungsgemäß fällt die Bindung an die Schule, an die sie abgeordnet sind, aber geringer aus als bei den übrigen Lehrkräften.
  • Auch das pädagogische Personal weist hinsichtlich der psychischen Gesundheit positive Faktoren auf, die in allen Bereichen sogar leicht besser ausfallen als bei den Lehrkräften.

Lehrerwanderung und gekappte Beziehungen

Abordnungen seien keine nachhaltige Maßnahme, kritisierte Çelik. „Wir haben keine Schule, die über 110 Prozent Besetzungsquote verfügt. Das heißt, wir verteilen den Mangel, indem wir Lehrkräfte von einem Ort zu einem anderen Ort, von einer Schule zu einer anderen Schule schicken.“ Das sei vor allem deswegen fragwürdig, weil dadurch Beziehungen gekappt würden. „Lernen vollzieht sich in erster Linie über Beziehungen“, unterstrich die ehemalige Gesamtschulrektorin.

Beim nächsten GEW-Report in zwei Jahren werde die Landesregierung daran gemessen, was sie zur Verbesserung der Situation geschafft habe. Auch die FDP sieht Handlungsdruck bei der Regierung.

Die SPD-Abgeordnete Dilek Engin bekräftigte, der Lehrkräftemangel sei die größte Herausforderung der nordrhein-westfälischen Schulpolitik. Lehrer benötigen mehr Freiräume und Zeit für die pädagogische Arbeit, sagte sie. „Und wir müssen endlich anfangen, Ungleiches wirklich ungleich zu behandeln: Schulen in herausfordernden Lagen in NRW müssen besser ausgestattet werden.“

© dpa-infocom, dpa:250407-930-426035/2

(dpa)