Wir helfen jetzt! Krieg und Hunger im Jemen Aufwachsen in einem Albtraum

„Das Aufwachsen im Jemen gleicht für zwölf Millionen Kinder einem schrecklichen Albtraum.“ Mit drastischen Worten beschreibt die Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta H. Fore die Situation für Kinder im Jemen.

Eine Gesundheitshelferin untersucht ein Kind anhand von Gewicht, Größe und Armumfang auf Anzeichen von Mangelernährung.

Foto: unicef

Erst der Bürgerkrieg, dann die Coronakrise. Jetzt spitzt sich die dramatische Lage im Jemen noch weiter zu: Das Land, das von blutigen Konflikten zerrüttet ist, steht kurz vor einer Hungersnot.

Millionen Menschen wissen nicht, wie sie die nächsten Monate überleben sollen. Mehr als 24 Millionen Menschen – etwa 80 Prozent der Bevölkerung – sind nach fünf Jahren Konflikt auf humanitäre Hilfe angewiesen.  An 49 Frontlinien wird derzeit gekämpft. Grundlegende Dienste und die zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser, Schulen sowie die Trinkwasser- und Sanitärversorgung stehen kurz vor dem Zusammenbruch.

Vor allem die Kinder leiden unter den Lebensbedingungen in dem im Süden der Arabischen Halbinsel gelegenen Land. „Im Jemen erlebt ein Kind an einem Tag so viel Ungerechtigkeit und Not, wie sie die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben nicht erfahren werden“, sagt Sara Beysolow Nyanti, Unicef-Repräsentantin im Jemen. Die Zahlen zeigen eine tragische Situation: 1,7 Millionen Kinder mussten aufgrund der Kämpfe aus ihrer Heimat fliehen und leben in Lagern oder improvisierten Unterkünften in anderen Teilen des Landes. Etliche Schulen im Land sind zerstört. Zwei Millionen Kinder können nicht zur Schule gehen. Die meisten Lehrerinnen und Lehrer bekommen schon seit mehreren Jahren kein Gehalt mehr. Tausende Kinder haben seit 2015 ihr Leben verloren, wurden verstümmelt oder zwangsrekrutiert. Allein in der ersten Dezemberwoche wurden elf Kinder getötet, darunter ein vier Wochen altes Baby.

Infolge des anhaltenden Konflikts leidet die Bevölkerung unter mehreren Krisen gleichzeitig, die in ihrem Zusammenspiel dazu führen, dass im Jemen eine dramatische Hungersnot droht. Viele Familien haben aufgrund der Kämpfe alles verloren. Die Wirtschaft liegt in Trümmern. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben zur Folge, dass sich Eltern nicht mehr das Nötigste leisten können, um ihre Kinder zu ernähren. Schwere Überflutungen und eine Heuschreckenplage haben die Nahrungsmittel-Produktion in Teilen des Landes zusätzlich in die Knie gezwungen und die Lebensmittelpreise in die Höhe getrieben. Schon jetzt leiden 2,1 Millionen Kinder im Jemen Hunger. Mehr als 350 000 von ihnen sind so ausgezehrt, dass sie jeden Tag ums Überleben kämpfen.

Der einjährige Shawqi Fahd ist eines dieser Kinder, das bei seiner Einlieferung in eines der  von Unicefunterstützten Gesundheits- und Ernährungszentren im Distrikt Zingibar im Süden des Landes kurz vor dem Tod stand. Als Shawqi das Mutter-Kind-Gesundheitszentrum erreichte, war sein kleiner Körper schwach und ausgezehrt. Das wenige Essen hatte er irgendwann ganz verweigert.

„In das Zentrum kommen Kinder, die an schwerer akuter Unterernährung leiden und Symptome wie Appetitlosigkeit, trockene Haut und Haarausfall zeigen. Oft sehen sie aus wie Haut und Knochen“, sagt Rasheeda AbuBakr, eine Ärztin, die seit mehreren Jahren im Mutter-Kind-Gesundheitszentrum in Zingibar arbeitet. „Vom ersten Besuch an wurde mein Kind mit therapeutischer Nahrung versorgt. Außerdem habe ich Tipps erhalten, wie ich mich am besten um die Gesundheit meines Sohnes kümmern kann“, erzählt Shawqis Mutter.

Wenn akute Mangelernährung rechtzeitig erkannt und behandelt wird, haben die Kinder gute Chancen, zu überleben und wieder gesund zu werden. Mitarbeiter und Partnerorganisationen bilden mobile Gesundheitshelfer aus, die auch Kinder in besonders schwer zugänglichen Gebieten mit einer Gesundheits- und Ernährungsversorgung erreichen.

So konnten allein in der ersten Hälfte dieses Jahres mehr als 1,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren auf Mangelernährung untersucht werden. Außerdem sichert Unicef Millionen Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser und führt große Impfkampagnen durch, etwa gegen Cholera, Polio und Masern. Blockaden und Übergriffe bringen die humanitäre Hilfe aber immer wieder ins Stocken, besonders im Norden. Strategisch wichtige Hafenstädte sind stark umkämpft.

Gleichzeitig ist die humanitäre Hilfe für den Jemen dramatisch unterfinanziert. „Die Bereitschaft von Spendern und Regierungen zu helfen hat nachgelassen. Zahlreiche Krisen, wirtschaftliche Not und Covid-19 erschöpfen die finanziellen Mittel“, so Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta Fore in einem Hilfsaufruf an die internationale Staatengemeinschaft. „Aber wir müssen jetzt handeln, um eine Hungersnot zu verhindern. 2020 wird uns nicht nur wegen Covid-19 in Erinnerung bleiben – sondern als ein Jahr, in dem wir die Kinder im Jemen erneut im Stich gelassen haben. Diesen Fehler dürfen wir 2021 nicht wiederholen.“

„Hungrig auf Leben – Wir helfen jetzt!“

Empfänger: UNICEF

Bank für Sozialwirtschaft Köln

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Stichwort: „Wir helfen jetzt“