Wir helfen jetzt! Nach dem Bürgerkrieg ist Corona nur einer der Gründe, warum die Lage schwierig bleibt Kindheit im Südsudan: Hunger auf Bildung
„Die bittere Tatsache ist: Covid-19 ist hier eine von vielen Herausforderungen“, sagt Yves Willemot, Unicef-Mitarbeiter im Südsudan. „Die Kinder wachsen mit Gewalt und Konflikten auf. Sie erleben auch in diesem Jahr wieder großflächige Überschwemmungen, die Häuser und Ernten zerstören.
Dazu sind sie in Gefahr, an Masern und Polio zu erkranken; zwei vermeidbare Krankheiten, die sich wieder ausbreiten. Und dann kommt noch Corona dazu.“
Nach dem Ausbruch des Bürgerkrieges im Jahr 2013 ist die Lage im Südsudan, dem jüngsten Staat der Erde, für die Kinder immer dramatischer geworden. Seit der Bildung der Übergangsregierung im Februar 2020 ist die Situation zwar stabiler geworden, doch die Lage bleibt fragil, gewalttätige Übergriffe finden weiterhin statt.
Die Auswirkungen des jahrelangen Bürgerkriegs, Überschwemmungen und Dürren und die wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie haben dazu geführt, dass aktuell 7,5 Millionen Menschen im Südsudan, darunter 4,1 Millionen Kinder, humanitäre Hilfe benötigen. Fast vier Millionen Menschen mussten ihr Zuhause verlassen und sind auf der Flucht. Tausende Kinder sind durch den Krieg von ihren Familien getrennt worden. Manche von ihnen haben ihre Eltern jahrelang nicht mehr gesehen und müssen sich alleine durchschlagen.
Mehr als sechs Millionen Südsudanesen wissen nicht, wann sie das nächste Mal etwas zu essen bekommen. Das ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Einzelne Regionen des Landes stehen kurz vor einer Hungersnot. Die Kinder leiden am meisten unter der dramatischen Ernährungssituation im Land: Schätzungsweise 1,3 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind unterernährt, bei rund 290 000 von ihnen ist der Hunger sogar lebensbedrohlich, denn durch Mangelernährung geschwächte Kinder sind anfälliger für Krankheiten.
Dies alles führt dazu, dass eines von zehn Kindern im Südsudan seinen fünften Geburtstag nicht erlebt. Über 65 Prozent dieser Todesfälle geschehen direkt nach der Geburt oder im ersten Lebensjahr.
Vor Corona war für Bakhita Immanuel aus Südsudan die warme Mahlzeit an ihrer Grundschule das größte Glück des Tages. Auf der Flucht vor der Gewalt in ihrer Heimat musste die Familie ihr Dorf verlassen und lebt jetzt seit mehreren Jahren unter ärmlichen Bedingungen im Schatten der Kathedrale von Wau. Seit Unicef und das Welternährungsprogramm Schulspeisungen für die Kinder eingeführt haben, geht die 16jährige viel lieber zur Schule und gehörte sogar zu den Besten in ihrer Klasse. Auch wenn es nicht jeden Tag Feuerholz zum Kochen gab und die Ziegen schon mal den Schulgarten plünderten, so machte die Hilfe einen Unterschied: Vorher war Bakhita oft müde und ohne Energie. „Bei uns zu Hause gibt es morgens nichts zu essen und ich bin schon hungrig zum Unterricht gekommen. Ich konnte dem Lehrer vorne an der Tafel schlecht folgen.“ Nachdem die Schulmahlzeiten begannen, verstand Bakhita den Lehrer besser, ihre Leistungen stiegen. „Wenn die Schüler wissen, dass es etwas zu essen gibt, kommen sie lieber zur Schule und können besser lernen“, bestätigt auch Schulleiterin Mary Gabriel Tulba.
Das Essen wurde jeden Tag frisch für die Schüler zubereitet. Es gab Bohnen und Hirse, die Lehrer halfen beim Verteilen. Bakhita hat viel gelernt über Ernährung und weiß jetzt, wie sie gesund bleibt. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen sorgte für Nahrungsmittel und Saatgut für einen Schulgarten, Unicef für Schulmaterial und besseren Unterricht durch Lehrer-Fortbildungen. Bakhita liebte es, im Garten zu arbeiten und sich um Erdnüsse, Hirse, Kürbisse und Mais zu kümmern. „Die konnten wir ernten und essen“, berichtet sie stolz. „Später möchte ich Ärztin werden“, hat sich Bakhita fest vorgenommen.
Für die ärmsten Kinder im Grundschulalter ist es viermal wahrscheinlicher, dass sie, statt zur Schule zu gehen, zu Hause bleiben oder arbeiten müssen, als bei Gleichaltrigen aus wohlhabenderen Familien. Besonders Mädchen laufen Gefahr, ohne Schulbildung aufzuwachsen und früh verheiratet zu werden. Sie bilden auch im Südsudan die größte Gruppe der insgesamt 2,2 Millionen Kinder, die keine Chance auf Bildung haben. Für viele Eltern ist die Aussicht auf eine warme Mahlzeit in der Schule der einzige Grund, ihre Töchter überhaupt zur Schule zu schicken. Neben Schulernährungsprogrammen profitieren Kinder in armen Ländern auch von Gesundheitsdiensten – wie Impfungen und Entwurmungen, die über ihre Schulen angeboten werden.
Im Südsudan sind viele Schulen
seit März geschlossen
Durch Corona wurde diese Hilfe erst einmal unterbrochen: Aufgrund der weltweiten Schulschließungen erhielten 370 Millionen Kinder keine Schulspeisungen mehr. Im Südsudan sind die Schulen für zwei Millionen Mädchen und Jungen seit dem 20. März 2020 geschlossen, Anfang Oktober konnten zumindest die älteren Schüler wieder zurück in ihre Klassen. Unicef und das Welternährungsprogramm arbeiten mit Hochdruck daran, dass Kinder weiter lernen können und unterstützen Regierungen in 30 der ärmsten Länder der Erde, die Rückkehr der Kinder an die Schulen vorzubereiten. In 68 Ländern erhalten die Kinder als Alternative zur Schulspeisung Rationen zum Mitnehmen, Gutscheine oder kleine Geldbeträge, mit denen sie etwas zu essen kaufen können. Unicef schafft zudem alternative Lernprogramme über Radio, Fernsehen und Internet, damit die Kinder zu Hause weiter lernen können. So kann auch Bakhita hoffen, dass ihr großer Traum Ärztin zu werden doch noch wahr wird.
„Hungrig auf Leben – Wir helfen jetzt!“
Empfänger: UNICEF
Bank für Sozialwirtschaft Köln
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Stichwort: „Wir helfen jetzt“