Wuppertal 80 Prozent der Brücken sind Sanierungsfälle
Die Verwaltung nimmt im Verkehrsausschuss Stellung zum Zustand der Bauwerke.
Wuppertal. Die Brücke Neukuchhausen ist ein Exot unter Wuppertals Ingenieurbauwerken. Denn als eine von nur zwei ist ihr Zustand „sehr gut“. Die große Mehrheit der 173 Brücken und Tunnel im Stadtgebiet gibt dagegen Anlass zu größter Sorge. Gut 80 Prozent haben laut der Liste, die Abteilungsleiter Thorsten Warning jetzt im Verkehrsausschuss vorstellte, erheblichen Sanierungsbedarf.
Dass die Stadt bei der Sanierung erheblich hinterherhinkt, ist jetzt nicht unbedingt eine Neuigkeit. Doch so geballt, wie das Elend durch die Liste deutlich wurde, überraschte es dann doch auch die anwesenden Politiker. „Erschreckend“, lautete das Fazit von Hans-Jörg Herhausen (CDU), der mit seiner Meinung nicht allein stand.
Anhand von Farben und Schulnoten zeigte Warning die Problematik auf. Zweimal sehr gut, dreimal gut, 29-mal befriedigend — und dann driftet es farbmäßig ins Rote ab. Denn „Ausreichend“ hat vielleicht in der Schule gereicht. Bei Brücken bedeutet es „Instandsetzung dringend geboten“ — was für 52 Prozent aller Brücken gilt. Das Prädikat „Umgehend Instandsetzung erforderlich“ und mangelhaft haben 17 Prozent, bei sechs Prozent ist die Verkehrssicherheit und Standsicherheit sogar erheblich beeinträchtigt — Note „ungenügend“.
Dabei ist die Liste der derzeit gesperrten Brücken und Treppen verhältnismäßig klein. Noch. Denn sie könnte wachsen, wie Warning ankündigen musste. Bartholomäusviadukt, Bembergbrücke oder die Brücke Waldeckstraße — Kandidaten gibt es einige.
Einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag, so schätzt Baudezernent Frank Meyer, müsste man investieren, um alle Problemfälle unter den Brücken und Tunneln in Schuss zu bringen. Fördermittel dafür gebe es nicht, so Meyer auf eine Anfrage aus dem Plenum, „nicht für Instandhaltungsarbeiten“.
Wie er erklärte, sei die Finanzierung momentan aber gar nicht mal das größte Problem. „Uns fehlen schlichtweg die Leute.“ Warning und sein Team bräuchten dringend Verstärkung. Vier neue Ingenieure, so Meyer, sollen bald eingestellt werden. Freilich sind das keine zusätzlichen Stellen, sie werden in anderen Bereichen der Verwaltung gestrichen oder nicht mehr besetzt. Und erstmal müsse man auch Ingenieure finden, räumt der Beigeordnete ein. Gehaltsmäßig könne der öffentliche Dienst nicht mit der Wirtschaft mithalten.
Und wenn doch Neue kommen, gibt es eine Chance, die Infrastruktur aufrecht zu erhalten?, wollte zum Beispiel Lorenz Hoffmann-Gaubig vom ADFC wissen. „Wir hoffen, dass wir dazu in der Lage sind“, so Meyers zurückhaltende Antwort. Aber es werde sehr, sehr, sehr lange dauern, den Stau abzuarbeiten. Ziel könne nur sein, dass sich die Situation nicht noch weiter verschlechtere, so Meyer.
Dafür müsse noch stärker priorisiert werden, streng nach verkehrlicher Bedeutung. „Das werden die Leute, die sich seit Jahren für die Sanierung der Jakobstreppe einsetzen, nicht gerne hören“, erklärte Meyer. Zwar liege eine fertige Ausschreibung für das Denkmal in der Schublade — da wird sie aber erst einmal bleiben. Wenn erst B 7-Brücken gesperrt werden müssten, „hätten wir größere Probleme“. Doch wie priorisiert die Stadt? Der Prozess, so forderte Bernhard Sander (Linke), müsse politisch diskutiert werden.